Nun aber der Reihe nach: Es war einer der Tage, an dem ich mich schon beim Aufstehen auf den abendlichen Ansitz gefreut habe, aber wer kennt das nicht? Der Tag konnte nicht schnell genug rum gehen und ich zählte fast die Minuten, bis ich mich zum Ansitz fertig machen konnte. Ein Jahr hatte ich mittlerweile meinen Jagdschein und das unendliche Glück, in einem wunderschönen Revier in meinem Wohnort auf die Jagd gehen zu dürfen.
Während der Fahrt zum Ansitz überkamen mich Zweifel, ob ich bei diesem Wetter mit dem Auto überhaupt so weit auf dem Feldweg in Richtung Kanzel fahren kann. Da ich nichts riskieren wollte, fuhr ich nicht allzu weit und nahm lieber einen längeren Weg zu Fuß in Kauf. Alleine dieser Spaziergang, bei diesem winterlichen Wetter, mit dem Hintergedanken des Ansitzes, ließ meine Gedanken in eine andere Welt gleiten. Nun war ich in der Nähe der Kanzel und kontrollierte die Wiese vorab. Ich konnte aber nichts erkennen und begab mich langsam zur Kanzel. Ich musste nun den verschneiten Feldweg verlassen und ca. 150 Meter auf der verschneiten und vor Frost steifen Wiese zur Kanzel gehen. Schritt für Schritt und ganz langsam, da jede kleine Bewegung das gefrorene Gras zum Knacken brachte. Ich hatte das Gefühl, dass jeder Schritt so laut sei, dass man ihn bis ins Dorf hinein hören konnte.
So ging ich immer weiter, Meter für Meter zur Kanzel. Nach dem halben Weg blieb ich kurz stehen um erneut die Umgehend abzuglasen. Mein Puls war extrem hoch, obwohl ich noch keinen Anblick hatte und ich nichts hören konnte.. kann man das schon Jagdfieber nennen? Ich konnte nichts erkennen und ging noch einige Meter weiter, als mich plötzlich Geräusche aus dem Wald zurück in die Realität holten. Ich blieb wieder stehen um genau zu hören was im Wald vor sich ging. Auf einmal Rascheln ohne Ende und da hörte ich sie, die Sauen. Nun war es definitiv da, das Jagdfieber. Ich als Jungjäger, unerfahren, mitten auf der Wiese, die Sauen im Wald und ganz viele Fragezeichen in meinem Klopf. Was mache ich jetzt am besten?
Zuerst blieb ich aber stehen um zu hören, ob die Sauen immer noch im Wald waren. Ich wartete eine kurze Zeit und ja, da waren sie noch. Alles ganz einfach dachte ich, jetzt auf die Kanzel und warten bis sie auf die Wiese ziehen. Als ich endlich an der Kanzel angekommen war, griff ich die Stufen der Leiter und ging Schritt für Schritt höher, bis ich oben angekommen war. Ich traute mich gar nicht mich hinzusetzen und hörte erneut, ob die Sauen noch da waren, oder ob sie was mitbekommen hatten. Da ich sie immer noch hörte, wollte ich mich nun auf der Kanzel einrichten, um einen wunderschönen Ansitz, vielleicht mit Strecke zu genießen.
Als ich mich hinsetzen wollte passierte es, meine Waffe schlug mit einem riesen Lärm gegen die Kanzel und nun wusste ich gar nicht mehr was los war. War der Weg umsonst? Spätestens jetzt sind doch die Sauen sowieso weg, oder? Was solls, erstmal hinsetzen und einrichten und dann warten. Alles war auf einen Schlag ruhig, es war nichts mehr zu hören. Ok, jetzt kannst du wenigstens einige schöne Stunden in einer wunderschönen Winterlandschaft genießen, dachte ich mir.
Nach einigen Minuten hörte ich erneut Geräusche im Wald. Wieder, voller Aufregung, nahm ich mein Glas um die Gegend abzusuchen und sie waren wieder da. Diesmal ca. 60 Meter neben der Kanzel an der Waldkante Jetzt traute ich mich zu keiner Bewegung mehr und blieb mit meinem Glas permanent bei den Schwarzkitteln. Sie zogen ganz langsam in meine Richtung und ich konnte es nicht glauben, als sie direkt unter der Kanzel verhofften. Jetzt müssten sie doch was merken und Wind bekommen?
Was für ein Moment. Ich sitze auf der Kanzel und 4 Meter unter mir stehen die Sauen. Ich kann sie schnaufen hören. Aber was ist mit ihnen? Hören sie mich, haben sie Wind bekommen, oder bin ich vielleicht zu laut? Nach ca. zwei Minuten zogen sie weiter, nun aber nicht mehr an der Waldkante entlang, sondern direkt auf die Wiese vor meine Kanzel. So, nun nichts falsch machen und ganz besonnen handeln dachte ich mir, wenn das bei diesem Puls überhaupt möglich ist. Ich wartete einige Minuten, bis die Rotte vollständig auf der Wiese war um die Stücke ansprechen zu können.
Alles Überläufer, ok – und jetzt, welches ist das schwächste Stück und steht passend? Ich wollte nichts falsch machen und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich mich entschieden hatte, welches Stück ich erlegen wollte. Also nun keinen Lärm mehr, das Glas zur Seite legen und Waffe nehmen. Langsam legte ich meine Waffe auf die Wand der Kanzel und schaute durch das Zielfernrohr. Nochmal kontrollieren, ob wirklich alles passt. Ja es passt, Waffe entsichert ein letztes Mal Einatmen und der Schuss bricht.
Tausend Gedanken sind im Kopf, habe ich alles richtig gemacht, liegt die Sau usw… Nun wieder Stille, es ist nichts mehr los auf der Wiese und ich kann nichts mit meinen Glas erkennen. Ich bin mir sicher, gut abgekommen zu sein. Jetzt aber erstmal einige Minuten warten. Anschließend abbaumen und mit der Taschenlampe die Fläche absuchen und da liegt sie mit einem guten Schuss. Ich bin unendlich glücklich und erleichtert.
Dieser Abend wird mich mein Jägerleben begleiten.
Fotos und Text: Torben Petry