Startschuss ohne Reue – Das erste Stück
Wer mit dem Jagen beginnt, wird eines Tages vor der Entscheidung stehen: schießen — oder besser nicht. Wer allerdings immer nur Zuschauer bleibt, ist jagdlich unbrauchbar. Ein Jungjäger-Spagat zwischen Beutetrieb und Beherrschung.
Jagdschein geschafft, Waffe im Tresor. Wenn die Jagdmöglichkeit organisiert ist, steht auch der erste Ansitz bevor. Und genau hier beginnt das Jägerleben, das man in keinem Jagdscheinkurs lernen kann.
Es gibt zwar Informationen mit Bildern und Filmen im Fach Wildtierkunde, aber die jagdliche Perspektive vom Hochsitz sieht anders aus. Wer sich mit lebendem Wild vertraut machen will, plant einen Ausflug zum Tierpark. Besonders kurz vor der Jagdzeit kann
man sich die Wildarten samt Nachwuchs anschauen. Das schafft Sicherheit auf der Jagd.
Schauen oder schießen
Im Revier gibt es eine Freigabe durch den Pächter. Unbedingt alles klären: Manch Gastgeber freut sich über den Fuchsabschuss, ein anderer stuft ihn nur als unnötige Störung ein. Auch die Freigabe eines Waschbären oder von weiblichem Wild muss klar geregelt sein. Die Entscheidung zum Schuss ist schon schwer genug.
Auf dem Sitz kommt die Frage „Lebenlassen oder erlegen“ hinzu. Je erfahrener ein Jäger, desto routinierter sein Handeln. Häufige Wildbeobachtungen und Erlebnisse prägen den Entschluss. Aber was ist mit dem Jungjäger, der sein erstes Stück Wild erlegen will?
Fehlerfrei mit reichlich Beute
Auf gar keinen Fall einen Fehler machen, das denken sich die meisten Jungjäger. Gerade in der sensiblen Anfangszeit beim neuen Pächter, daraus soll schließlich eine langfristige Jagdmöglichkeit wachsen. Verantwortungsvoller Umgang mit dem Wild, das ist die neue Aufgabe, der sich ein Jagd neuling stellen muss.
Begleitet ein erfahrener Jäger den „Frischling“, so kann nichts schiefgehen. Zumindest wenn der Jagdführer die Entscheidung für Schießen oder Schauen über nimmt. Doch viele Jungjäger sitzen alleine. Hinzu kommt, dass der 1. Bock meist viele Ansitze verlangt. Ein gewisser Zugzwang erschwert dann die Gesamtsituation. Wer immer nur schaut oder nie die ersehnte Beute mitbringt, der wird jagdlich schon bald als un brauchbar abgestempelt. Nicht zu Unrecht, denn ein Jäger, der bloß die Sitze verstänkert, vertreibt das Wild. Gezielte Jagd mit richtiger Beute ist somit die Zielvorgabe.
Erfolgreich ohne Risiko
Grundsätzlich gibt es eine Regel, mit der man immer auf der sicheren Seite ist: Was Du nicht kennst, das schieß’ nicht tot. Keine Experimente, wenn das sichere Ansprechen schon scheitert. Außerdem die Rahmenbedingungen wie Seitenwind, Lichtverhältnisse und Aufregung einkalkulieren.
Wer einen Bock frei hat, der ist mit dem klassischen Knopfbock auf der sicheren Seite. Das freut den Pächter, denn ein Mickerer weniger zieht durchs Revier. Aber auch für den Schützen ist der Knopfer eine tolle Trophäe, die es erst einmal zu erlegen gilt. Der gut veranlagte Jährling als Gabler oder Sechser ist meist einfacher zu finden.
Einen weiteren Vorteil hat der Knopfbock: Als Einstieg ist er optimal, so kann sich der Erleger in der Güte und dem Gehörngewicht steigern. Ein 3jähriger Sechser als Gesellenstück macht nicht glücklich! Wer den Einstieg also bei dem schwächsten Stück wählt, lebt jagdlich auf der Sonnenseite.
ähnlich dem Rehbock ist es auch beim Fuchs. Die meisten Reviere, in denen ein Jungjäger seine ersten Schritte macht, sind keine Rotwildkerngebiete. Besonders in feldreichen Niederwildrevieren ist die Fuchsbejagung eine erfolgversprechende Aufgabe für den Neuling. Speziell die Jungfuchsjagd den Sommer über bietet viele Chancen.
Geht es Richtung Winter, bekommt die Fuchsjagd eine andere Würze: Es gilt, nachts bei Mond oder Schnee den vorsichtigen Freibeuter zu erlegen. Man muss das Handwerk beherrschen, um Strecke zu machen.
Der große Vorteil bei der gesamten Fuchsjagd ist, dass hier nicht selektiv gejagt wird. Wer mit der Altfuchsjagd Ende Juni beginnt, vorher nur Jungfüchse erlegt, und ab Mitte Februar die Rotröcke in Ruhe lässt, der macht garantiert nichts falsch. Vorausge setzt die Jagdzeit des jeweiligen Bundeslandes macht keinen Strich durch diese Rechnung.
Beim Schwarzwild ist die Entscheidung für das richtige Stück ganz einfach: Immer die kleinste Sau erlegen. Das geht bei Rotten, die in mehrere Altersklassen klar gegliedert sind. Ein Frischling unter 20 Kilogramm ist nie verkehrt. Aber es kommt nicht immer die Bilderbuch–Rotte, die 10 Minuten vorm Sitz verhofft, bis der Jungjäger angesprochen und geschossen hat. Bei Überläufertrupps ist eines markant: Sie sind alle von ungefähr derselben Größe. Hier kann der Jungjäger mit gutem Gewissen im Herbst und Winter Beute machen. Im Frühjahr und Sommer ist Vorsicht geboten, denn auch eine Überläuferbache kann Frischlinge führen. Eindeutiges Ansprechen der Bauchlinie ist Pflicht!
Ganz schwierig wird es, wenn eine einzelne Sau anwechselt. Ist das Stück ein Keiler, geht es nur noch um das Alter. Altersansprache ist immer eine Schätzung, daher zählen Erfahrungswerte hier doppelt. Waffenlänge, Karpfenrücken und Hängebauch sind Indizien. Wer aber behauptet, einen Keiler bei schlechtem Licht sicher auf sein Alter ansprechen zu können, der lügt.
Erkennt der Jungjäger bei dem einzelnen Stück keine Geschlechtsmerkmale, wird es sehr schwer. Messlatten mit bekannter Höhe und Entfernung zum Sitz können das Einordnen erleichtern, jedoch bleibt es ein riskantes Unterfangen. Besonders im Spätwinter und Frühjahr ist die Gefahr groß, eine einzelne Bache mit Frischlingen im Kessel vorzuhaben.
Obwohl viele Fehler möglich sind, sollte sich der Jungjäger nicht einschüchtern lassen. Sichere Chancen nutzen und riskante Aktionen vermeiden, das ist gute Jagdpraxis. Dabei aber nicht das Streckemachen vergessen — die guten Schützen stehen auf den besten Drückjagdständen. Sie haben bewiesen, dass sie treffen können. Dies sollte auch der Jungjäger, der den Startschuss in einen neuen jagdlichen Lebensabschnitt abgibt.