Jungjäger Blog – Anleitung zum Gerben

Wie Ihr mit einfachen Mitteln eure Decken, Bälge und Schwarten selbst gerben könnt, zeigen wir euch in folgendem Blog von unserem Jungjäger Alex B.

Rehdecke
Die fertig gegerbte Rehdecke. Foto Alex B.
Rehdecke
fertig gegerbte Rehdecke von innen. Foto Alex B.

Rezept zum Gerben

Materialien und Werkzeug

            – Holzplatte, alter Tisch oder ähnliches, um eine zu gerbende Decke darauf zu nageln

            – Behälter mit mindestens 20l Fassungsvermögen (ich benutze einen Mörtelkasten mit 90l)

            – PH-neutrale Seife, Babyshampoo oder ähnliches

            – Kalialaun (ich bestelle immer über Amazon die 1kg Flasche von Fischar)

            – 100% Ameisensäure (ebenfalls über das Internet bestellbar)

            – einfaches Kochsalz

            – Wasser

            – Nägel (dünne Nägel, damit die Löcher ganz klein sind)

            – Hammer

            – Zange

            – Messer mit runder Spitze (muss nicht sonderlich scharf sein)

            – Gummihandschuhe (zum Schutz vor der Ameisensäure möglichst dick)

            – ein Ei

            – Sonnenblumenöl (Rapsöl funktioniert auch, Olivenöl ist zu geruchsintensiv)

Zubereitung

1. Entfernen der Unterhaut

Zunächst muss unbedingt die Unterhaut und mit dieser alle Fett- und Fleischreste entfernt werden. Es gibt Anleitungen, welche vorschlagen die Unterhaut nach dem Trocknen der Decke zu entfernen. Davon möchte ich allerdings abraten. Ich habe beide Varianten  versucht und musste feststellen, dass es sehr viel leichter funktioniert, wenn die Decke frisch ist.

Ich möchte nicht lügen, diese Arbeit ist sehr mühsam und mitunter benötigt der Hobbygerber hier viel Geduld. Bei der frischen Rehdecke ist es möglich, mit der Hand die Unterhaut abzuziehen. An mancher Stelle hilft das Messer weiter, falls die Hände allein nicht weiterkommen. Ich suche mir immer eine Stelle in der Mitte der Decke als Startpunkt. Ausgehend von diesem Startpunkt ziehe ich die Unterhaut von innen nach außen ab. Dies  ist sinnvoll, da man so einen Puffer zum fixieren hat, um dem Zug entgegen zu wirken. Das größte Problem bei diesem Schritt ist die Frage, ob die komplette Unterhaut entfernt wurde oder nicht.

„Die Lederseite muss schon wie Leder aussehen.“

Diese Beschreibung findet man häufig in den verschiedenen Anleitungen. Doch kann ich aus Erfahrung sagen, dass es nicht wirklich wie Leder aussieht. Es bedarf also sinnvollerer  Merkmale.

Die Unterhaut ist meist rötlich, denn sie ist durchblutet. Habt ihr also keine rötliche Stelle  mehr an der Lederseite, seid ihr schon sehr weit. Ein weiteres Erkennungsmerkmal ist auch, dass keine Adern mehr vorhanden sind. Anstelle der Adern finden sich mitunter nur noch Aderspuren auf der Lederseite. Diese könnt ihr dann mit einem nicht zu scharfen Messer abschaben. Aber Vorsicht! Wer es dabei zu gut meint hat schnell ein Loch im späteren Fell. Weiterhin ist die Lederseite mit Unterhaut noch sehr schleimig und feucht. An Stellen, an denen die Unterhaut bereits entfernt ist, ist die Lederseite eher trocken und leicht klebrig. Dieses Merkmal ist meiner Meinung nach in der Praxis am einfachsten zu Rate zu ziehen. Die Decke ist also zusammenfassend von der Unterhaut befreit, wenn sie nicht mehr rosa oder rötlich ist, sondern eher leicht gelblich und weißlich. Es sollte in Richtung Lederfarben gehen, aber die Farben sind sehr schwach. Weiterhin darf sie nicht mehr feucht sein,  sondern eher trocken. Falls ihr noch Aderspuren auf der Lederseite habt, die nicht abgehen, ist es nicht weiter schlimm, diese können unbeachtet bleiben.

entfernen der Unterhaut
Foto: Alex B.

2. Das Trocknen

Ist jetzt die komplette Unterhaut von der Decke entfernt, ist die Hauptarbeit geschafft! Direkt nachdem die Unterhaut entfernt wurde, muss die Decke getrocknet werden. OK, muss ist ein hartes Wort! Es gibt Gerber, die sofort gerben, allerdings ist es die Erfahrung vieler, dass getrocknete Decken weniger Gefahr laufen, schlecht zu werden. Daher sehe ich die Trocknung als sinnvoll an. Zum Trocknen sollte die Decke auf die Holzplatte gelegt werden. Die Decken ziehen sich beim Trocknen zusammen. Damit das spätere Fell also nicht an Größe einbüßt, nagele ich dieses mit mindestens 6-8 Nägeln auf die Holzplatte.
Wichtig ist dabei, die Nägel niemals komplett in das Holz zu hämmern. Später bekommt man sie sonst sehr schlecht gezogen. Ist die Decke gespannt und fixiert, kommt nun das Kochsalz zum ersten Mal zur Anwendung. Ich kaufe bei Aldi eine ganze Palette vom billigsten Kochsalz, also ca 5kg. Das gekaufte Kochsalz muss jetzt dick auf die Decke  gestreut werden. Eine Schicht von 1cm sollte aufgetragen werden. Das heißt für eine  Rehdecke normaler Größe werden ca 2kg Kochsalz gebraucht. Die frisch eingestreute Decke bleibt zunächst waagerecht liegen, damit das Salz anfeuchtet. Nach ca. 2h stelle ich dann die Holzplatte in eine Schräge (aber vorsichtig, damit das Salz nicht herunterrutscht). Dem Fell wird beim Trocknen Wasser entzogen, dieses soll dank der Schräglage ablaufen können. Es ist sinnvoll einen Auffangbehälter unter die Decke zu stellen. So sollte die Decke verweilen bis sie vollständig getrocknet ist. Je nach Raumfeuchtigkeit dauert dies drei Tage. Ich lasse es immer mindestens eine ganze Woche trocknen. Länger ist unter gar keinen Umständen schädlich. Das Salz konserviert sehr gut. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Decke dabei schlecht wird, geht gegen Null.

salzen und trocknen der Decke.
Foto: Alex B.

3. Das Waschen und Weichen

Nachdem das Fell ordentlich getrocknet ist, ist es hart und steif. Für die weiteren Schritte muss es daher zunächst durch Wässern weich gemacht werden. In Kombination damit ist es sinnvoll, die Decke zu waschen.

Für diesen Arbeitsschritt lege ich die Decke in eine Badewanne und Wässer sie. Nach kurzer Zeit ist die Decke nun wieder weich und ich spüle zunächst mit Wasser allen Dreck und möglichst viele Zecken (diese sind durch das Salzen inzwischen verstorben) heraus. Dann kommt das Babyshampoo zum Einsatz. Ich habe auch schon Kernseife verwendet. Die Handhabung des Babyshampoos ist allerdings einfacher, außerdem finde ich den Geruch angenehmer. Dieser Geruch bleibt übrigens bis zum Ende des Vorgangs und darüber hinaus erhalten. Er sollte also bedacht gewählt werden.

Zwei bis dreimal schamponiere ich das Fell und wasche es wieder aus. Solange bis nur noch klares, sauberes Wasser aus dem Fell kommt.

Zu beachten ist, dass eine aufgeweichte Decke selbstverständlich geweitete Poren hat. Dies hat zur Folge, dass die Haare relativ leicht ausfallen. Es muss also äußerst liebevoll mit der Decke umgegangen werden, damit nicht zu viele Haare ausfallen. Dass jedoch einige Haare ausfallen werden, ist ganz normal.

4. Das Säurebad (Pickel)

Ist die Decke nun bestmöglich gesäubert, wandert sie in ein Säurebad.

Ich verwende immer 100%-ige Ameisensäure, es geht aber auch Essigsäure oder Batteriesäure. Letztere sollte lediglich für Schwarzkitteldecken angewendet werden, da dünnere Felle wie Rehfelle später leicht reissen werden.

Für das Säurebad gebe ich 15l Wasser in einen Mörtelkasten. Natürlich sind auch andere Behälter geeignet, aber das Material des Behälters sollte der Säure standhalten. Zu diesen 15l Wasser gebe ich 150ml- 200ml von der Ameisensäure (bei nicht 100%iger Ameisensäure sollte entsprechend mehr verwendet werden) und 100g Kochsalz. Alles gut verrühren und die Decke dazugeben. Es muss jeder Teil der Decke unter Wasser sein.

In diesem Säurebad verweilt die Rehdecke nun 1,5 – 2 Tage. Nicht länger, sonst werden die Felle später trocken und rissig.

Mithilfe des Säurebads sollen beim eigentlichen Gerbvorgang die Salzkristalle besser in die Haut eindringen können.

 

 5. Das Gerben

Nun folgt der eigentliche Gerbvorgang. Die Ameisensäure muss umsichtig entsorgt, der Behälter ausgewaschen und die Decke mit klarem Wasser abgewaschen werden. Ist alles erledigt, wird der Behälter wieder mit 15l kaltem Wasser aufgefüllt. Darin gilt es nun 250g-350g Kalialaun und die gleiche Menge Kochsalz zu lösen. Ist alles gut gelöst gebe ich die Decke in die Lösung. Ich achte wieder darauf, dass jeder Teil des Fells unter Wasser ist. Abgesehen von täglichem Rühren verweilt die Decke nun mindestens 10 Tage. Mein Tipp: beobachtet nach 10 Tagen das Wetter, wenn ein sonniger, windiger Tag in Sicht ist, nehme ich das Fell genau an diesem Tag heraus. Länger als 14 Tage sollte es allerdings nicht in der Gerbflotte verweilen. Ich spüle das Fell nach der Gerbflotte auch nicht mit Wasser ab, denn die Weißgerbung ist eine unechte Gerbung und kann mittels Wasser ausgewaschen werden, so würde das Fell schlecht werden.

6. Fetten und Trocknen

Nehme ich das Fell aus der Gerbflotte lege ich es zunächst über viele Seile einer Wäschespinne. Es sollte gerade liegen und nicht geknickt über einem einzelnen Seil hängen. So trocknet das Fell zunächst zwei Stunden an.

Kurz vor Ablauf dieser zwei Stunden rühre ich die so genannte Majonäse an. 50ml-100ml Sonnenblumenöl und ein Eigelb werden dafür vermengt. Das Eigelb dient als Emulgator, damit das Öl besser in das noch nasse Leder einziehen kann. Wichtig! Ich streiche die Lederseite nur einmal komplett ein. Bei meinem ersten Fell meinte ich es mit dem Fetten zu gut, weshalb das getrocknete Fell immer noch zu fettig war. Ich fette auch bewusst im nassen Zustand ein und bevor ich das Fell das erste mal gezogen habe, denn wird das Fell nach dem ziehen eingefettet, ist das Endergebnis nicht so schön weiß. Ihr könnt das Fell auch nicht zu wenig fetten. Ich habe mit einigen Hobbygerbern Kontakt aufgenommen, die ihre Felle gar nicht fetten. Der Unterschied zwischen einem gefetteten und einem ungefetteten Fell ist nicht auszumachen. Allerdings macht sich das einfetten beim folgendem Ziehen stark bemerkbar, denn ungefettet ist das Ziehen sehr viel schwieriger!

Nachdem das Fell also einmal eingefettet wurde, muss es weiter trocknen. Wenn es ganz trocken ist, seid ihr erstmal geschockt und enttäuscht! Das Fell ist steif und gräulich. Ist dies der Fall, habt ihr bisher alles richtig gemacht!

7. Hexenwerk

Nun erfolgt der schönste Vorgang am ganzen Gerben. Meine Freundin bezeichnet diesen Schritt liebevoll als Hexenwerk. Das getrocknete hässliche Fell muss nun gezogen und geknetet werden. Auf diese Weise entsteht aus einem hässlichen Entlein ein weißer Schwan. Die Lederseite wird weiß und weich. Bei Rehfellen reicht es meiner Erfahrung nach, gegenüberliegende Seiten zu fassen und kräftig zu ziehen. Sofort ist ein erstes Ergebnis sichtbar. Alternativ ist es auch möglich die Lederseite über ein Kantholz oder ähnliches zu ziehen. Es muss solange gezogen und geknetet werden, bis das Fell komplett weich und weiß ist. Die Ränder weich zu bekommen ist am schwierigsten, hier hilft das Kantenziehen sehr.

Ist der Vorgang abgeschlossen ist das Ergebnis jedes mal wieder beeindruckend!

 

8. Kämmen und Schütteln

Da nach der Gerbflotte das Fell nicht abgewaschen wurde, sind in den Haaren noch Salzkristalle. Diese können ganz einfach mit einem feinen Kamm ausgekämmt werden. Dabei werden auch lockere Haare entfernt, die im Laufe der Zeit ausfallen würden. Haare, die festsitzen, können nicht ausgekämmt werden. Vor Haarverlust braucht man also keine Angst zu haben.

Nach dem Kämmen schüttle ich das Fell noch aus, denn in diesem sind erfahrungsgemäß immer noch ein paar tote Zecken. Durch das Schütteln fallen diese gut heraus.

 

9. Genießen und freuen

Nach dem Ausschütteln ist das Fell gegerbt und voll einsatzbereit. Am Anfang werden immer noch ein paar Salzkristalle in den Haaren sein, diese sind aber nach einer Woche Ansitz komplett entfernt.

 

 

Probleme, weitere Möglichkeiten

Ein Problem ist das schlechte Fell. Da die Decken nach dem Salzen wieder eingeweicht werden besteht laufend die Gefahr, dass sie schlecht werden. Ist dies der Fall, reicht ein Fingerstreich und es entsteht ein sehr großes Loch im Fell. Für mich war es zunächst schwer zu erkennen, ob das Fell schlecht ist oder nicht, da im nassen Zustand die Haare immer recht leicht ausfallen. Bis mir ein Fell schlecht geworden ist. Ich hatte bei diesem mit einem Fingerstreich ohne Druck die Haut komplett vom Haar befreit. Ist man sich also nicht sicher, ob es schlecht geworden ist, ist es noch gut. Bei einem schlechten Fell stellt sich diese Frage gar nicht erst. Tipp: die Behälter müssen immer sorgfältig gereinigt werden, damit möglichst keine Bakterien an die Felle kommen. Außerdem hilft es, die Gerbflotten jedes Mal neu anzurühren.

Etwaige Einschuss- und Ausschusslöcher sind übrigens überhaupt kein Problem. Die Felle reissen an diesen Stellen nicht. Einziges Manko ist natürlich das Aussehen, aber lieber ein waidgerechter Schuss, als ein schönes Fell!

Es sind natürlich weiterhin noch einige andere Gerbmethoden möglich. Mit der Weißgerbung habe ich allerdings bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie ist schnell, einfach und das Ergebnis ist sehr schön.

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