Mit kaltem Stahl ins Leben
Nachsuche – Schweiรhundfรผhrer Jens Barkmann bringt einen kranken Hirsch mit zwei Schรผssen zur Strecke. Am erlegten Stรผck demonstriert er fรผr die DJZ anschlieรend das fachgerechte Abfangen mit dem Messer. Peter Diekmann
Es ist Ende Oktober. Die Damwildbrunft im sรผdlichen Mecklenburg-Vorpommern ist in vollem Gange. Doch nicht nur am Brunftplatz, auch auf Nachsuchen kommt jetzt der eine oder andere Hirsch zur Strecke. Um 10 Uhr morgens klingelt das Telefon von Fรถrster Jens Barkmann. Ein laufkranker Hirsch wurde im Revier โDrewinโ an der Bundesstraรe 96 gesichtet. Wenig spรคter geht er mit einem Nachsuchenrepetierer im Voranschlag durch den Altholzbestand. Nach fรผnf Minuten wird der Hirsch plรถtzlich hoch, flรผchtet in dichten Traubenkirschenanflug. Auf krankes Wild zรคhlt jeder Schuss. Jens Barkmann schieรt sofort, trifft die Keule. Der Hirsch bricht zusammen (Foto oben), kommt aber wieder hoch und flรผchtet weiter. Keine Chance fรผr einen zweiten Schuss. Der Fรถrster folgt dem Hirsch durch dichte Vegetation. Dahinter eine offene Flรคche mit hohem Binsengras. Die Schaufeln des Hirsches sind darin zu erkennen: Er hat sich wieder niedergetan. Dunstwolken steigen in die Hรถhe. Der Nachsuchenfรผhrer umkreist das Stรผck, findet eine gรผnstige Position und schieรt aufs Blatt. Langsam sinkt der Laufkranke zur Seite. Das Leiden ist beendet. Eine etwa drei Wochen alte Schussverletzung hat dem gut veranlagten Knieper vermutlich groรe Schmerzen bereitet. Beim ersten Schuss muss der Hirsch hochflรผchtig gewesen sein. Die Kugel durchschlug knapp unterhalb des Wildkรถrpers den Vorderlauf. Dabei muss sich der linke Hinterlauf genau dahinter befunden haben: Die Kugel hat auch die Schalen des Hinterlaufes durchschlagen. Sie hรคngen nur noch an Fetzen. Ein unverantwortlicher Schuss auf einen Hirsch, der keinerlei Abschusskriterien erfรผllte. Die kalte Waffe kam bei dieser Nachsuche nicht zum Einsatz. Aber eine ideale Mรถglichkeit zu demonstrieren, wie man sie richtig benutzt. Jens Barkmann fing den Hirsch also post mortem ab:
Flucht beschossen, zerstรถrte die
Kugel erst den linken Vorderlauf . . .
des linken Hinterlaufs ab, der sich
hinter dem Vorderlauf befand
Grundsรคtzlich gilt, dass bei Nachsuchen der Schuss dem Abfangen mit der kalten Waffe vorgezogen wird. Er kann auf weite Entfernungen angetragen werden, und die Anspannung des Wildes ist deutlich geringer als beim Abfangen, wo das Wild die Gefahr im Blick hat. Doch gibt es Situationen, in denen der Einsatz von Feuerwaffen zu riskant ist. Immer dann, wenn Hunde und Menschen nah am Stรผck oder im Hintergrund stehen oder wenn kein Kugelfang vorhanden ist, muss das Wild mit der kalten Waffe abgefangen werden. Dabei ist die Wehrhaftigkeit des Wildes zu beachten. Bei einem Keiler kann es lebensgefรคhrlich sein! Schutzkleidung und Schnelligkeit kรถnnen das Risiko minimieren, aber nicht ausschlieรen. Auch Hirsche kรถnnen mit ihrem Geweih und ihrer Kraft ernsthafte Verletzungen hervorrufen. Zudem ist auch die Kraft schwรคcherer Stรผcke nicht zu unterschรคtzen. Unter Adrenalineinfluss kรถnnen vermeintlich todkranke Stรผcke noch enorme Krรคfte entwickeln. Die alte Methode des Abnickens am Hinterhaupt ist unsicher, da sehr viel รbung dazu gehรถrt. Das Abfangen ist hingegen eine sichere Methode, Wild von seinem Leid zu erlรถsen. Mit dem Stich in die Lunge รถffnet sich der Brustkorb, und der Unterdruck fรคllt ab. Dadurch bricht die Atmung zusammen, und das Stรผck verendet umgehend.
Der Blick ins Innere zeigt es: Bei krรคftigem Wild wird eine lange Klinge benรถtigt. Aber auch fรผr schwรคcheres Wild hat das ideale Abfangmesser folgende Merkmale: 18 bis 20 Zentimeter lange, breite, spitze und beidseitig scharfe Klinge, krรคftiges Parierstรผck und rutschsichere Griffoberflรคche.