Alte Jagdarten – vom Fuchsprellen, Hasenbugsieren und Otterstechen
So manche frรผhere Methode, Beute zu machen, mutet uns heute fremd, ja abstoรend an.
Professor ยญJohannes Dieberger wagt einen Blick in das Kuriositรคtenkabinett รผberholter Jagdweisen.
schon in der Altsteinzeit, in der Antike und auch im Mittelalter angewandt wurde.
Der Vogelfang mit der Leimstange dagegen war 800 Jahre lang eine Herausforderung fรผr junge Rรถmer. Dabei musste der Fรคnger einen sitzenden Vogel mit einer Leimspindel berรผhren, die locker an der Spitze einer langen Stange steckte โ eine anstrengende Methode fรผr eine dรผrftige Beute.
Die Ritterschaft des Mittelalters beschรคftigte sich nur mit โkunstvollenโ Tรคtigkeiten, wie beispielsweise der Kriegs- oder Dichtkunst. Dies galt auch fรผr das hรถfische Waidwerk, denn einfache Jagdmethoden waren nur Handwerk und daher eines Ritters unwรผrdig. Den grรถรten Teil des Wildbrets fรผr die hรถfische Tafel besorgte das Personal. Die Laufjagd auf Hirsch und Wildschwein, die Hetzjagd auf Schwarzwild und Bรคr sowie die Falknerei waren kunstvoll, also anstrengend und kompliziert. Deshalb wurden sie von den Edelleuten selbst ausgeรผbt.
Fรผr das hรถfische Waidwerk galt ein Hirsch erst ab zehn Enden als jagdbar, doch sollte er kein kapitales Geweih haben. Wenn die Berufsjรคger ein geeignetes Stรผck bestรคtigt hatten, folgte man diesem mit dem Leitยญrรผden, bis man es sehen konnte. Dann jagte die Hundemeute das Wild. Die Jรคger folgten zu Pferd. Wenn das Stรผck sich stellte, wurde es mit dem Hirschfรคnger oder dem Saudegen abgefangen.
Im Mittelalter und in der Renaissance schรคtzte man das seltene und schwer zu รผberlistende Raubwild noch als besonders wertvoll ein, denn es versprach interessantes Waidwerk. In den Hofkรผchen der Adeligen wurde Wildbret solcher Arten gern verarbeitet. Wie uns zahlreiche Miniaturen und Abbildungen zeigen, nahm der Fischotter einen Spitzenplatz ein. Seine Bejagung war anstrengend, sein Balg sehr wertvoll und sein Wildbret galt als eine beliebte Fastenspeise.
Fรผr das Otterstechen setzte man raubwildscharfe Hunde ein, die gerne ins Wasser gingen. Fรผr diese Jagd benรถtigte man Gewรคsser mit sauberem, sichtigem Wasser. Die Hunde durchsuchten das Gelรคnde und machten Otter, aber auch Biber hoch, die unter Wasser flรผchteten. Entlang der Ufer warteten die Otterjรคger und versuchten, das Wild mit der Ottergabel aufzuspieรen.
Diese Methode schรคtzten einige Spezialisten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Da gab es aber fast keine Otter mehr. Denn ab dem Barock hatte man aus jagdpolitischen Grรผnden versucht,, alles Raubwild auszurotten. Zudem galt dessen Wildbret nunmehr als ungenieรbar.
Ein unbekannter Kรผnstler malte dieses Bild nach einem Kupferstich von Ridinger.
Alte Jagdarten – Im Mittelalter erlebte die Falknerei ihre ยญeuropรคische Blรผtezeit. Als kรถnigliches Vergnรผgen galt damals die Beizjagd auf Reiher und Kraniche. Viele Landesfรผrsten schรผtzten nun ihre Greifvรถgel, aber nicht aus Grรผnden des Naturschutzes, sondern weil sie diese als Beizvรถgel selbst vermarkten wollten.
Wรคhrend der Renaissance dachte man wirtschaftlicher. Die gewachsene Bevรถlkerung in den Stรคdten musste mit Nahrung versorgt werden. Das hatte auch Auswirkungen auf die Jagd: Insbesondere in den deutschsprachigen Lรคndern ging damals das Interesse an der Falknerei zurรผck, und die Parforcejagd geriet fast ganz in Vergessenheit. Nun waren Methoden gefragt, die hohe Ertrรคge lieferten.
Zu dieser Zeit erfand man in Deutschland das eingestellte Jagen, bei dem man in ยญeinem mehrtรคgigen Prozess das Wild aus einem grรถรeren Gebiet mit viel Personal, Netzen und hohen Tรผchern โ aneinandergereihten, circa drei Meter hohen Leinwรคnden โ in einen kleinen Bereich zusammentrieb. Am Jagdtag wurden dann groรe Mengen von Schalenwild abgeschossen, wozu noch keine besonders leistungsfรคhigen Waffen erforderlich waren.
Durch den Dreiรigjรคhrigen Krieg, Missernten, Hungersnรถte und Seuchen war die Bevรถlkerung in Mitteleuropa auf die Hรคlfte bis ein Drittel zurรผckgegangen. Im Barock versuchten die absolutistischen Fรผrsten diese Schrecken durch Prunk und aufwendige Vergnรผgungen zu vergessen, was nur mithilfe unzรคhliger Leibeigener mรถglich war. Die Unterdrรผckung der Landbevรถlkerung durch die Jagd erreichte zu jener Zeit ihren Hรถhepunkt.
Die Falknerei erlebte im Barock eine Renaissance in einer prunkvollen Weise, beispielsweise am Hof des Kรถlner Kurfรผrsten und Erzbischof Clemens August. Zudem schรคtzte man, wie auch im Mittelalter, noch Netzjagden. Dabei trieb man Schalenwild, Raubwild, aber auch Hasen in Netze und fing sie mit der kalten Waffe ab.
Eingestellte Jagden wurden nun in viel aufwendigerer Form durchgefรผhrt. Oft lieรen die Fรผrsten den โLaufโ, wo das Wild abgeschossen werden sollte, durch Theaterarchitekten gestalten. Zur Erhรถhung des Spektakels, das als Prunk- oder Festinjagd bezeichnet wurde, brachte man zusรคtzlich Wild in Transportkisten herbei. Weniger umstรคndlich waren die Lappenjagden. Bei diesen konnte man fรผr grรถรere Treibjagden Personal und hohe Tรผcher einsparen, wenn man in Lichterhรถhe des Wildes Schnรผre mit Tuch- oder Federlappen spannte. Rotwild, Wรถlfe und Fรผchse hielten die Lappen gut, andere Wildarten beachteten sie nicht. Oft zeigten diese Stoffstรผcke das Portrรคt eines Tรผrken, weil man glaubte, dies kรถnnte das Wild besonders halten. Wenn aber zu heftig getrieben wurde, ging das Wild โdurch die Lappenโ.
Fรผr die aufwendigen Barockjagden konnte man Bรคren, Wรถlfe, Fรผchse und dergleichen nicht brauchen, da diese nur in geringeren Populationen vorkamen. Sie griffen aber doch in die Bestรคnde der fรผr diese Jagdform nutzbaren Wildarten ein. Deshalb intensivierte man die Jagd auf das wenig geliebte Raubwild und versuchte, es auszurotten. Dazu wurden Fallen, Angeleisen und Abschรผsse eingesetzt, und das Personal erhielt Abschussprรคmien.
verdeutlicht die Szene, welche Gefahren solche Jagden โ beispielsweise fรผr die Hunde โ bargen
Die adeligen Damen und Herren vergnรผgten sich damit, lebend gefangene Fรผchse und anderes Raubwild zu prellen: Mit lรคngeren Netzen, die man plรถtzlich spannte, wenn das Wild darรผberlief, wurden die armen Tiere so oft in die Hรถhe geschleudert, bis sie verendet am Boden liegen blieben. Aber auch in Tierhetzen nach antikem Vorbild hat man Raubwild und andere Tiere zu Tode gequรคlt. In Wien gab es im Rokoko dafรผr eigene Hetzamphitheater.
Manchen Adeligen gefielen diese entarteten Jagdmethoden und Wildabschlachtungen nicht. Sie kehrten daher wieder zur Parforcejagd โ diesmal nach franzรถsischem Vorbild โ zurรผck. Bei dieser Jagdmethode ging es wieder nur um einen einzigen Hirsch, der mit groรem Zeremoniell und Hรถrnerschall von der Hundemeute verfolgt und mit dem Hirschfรคnger abgefangen wurde. Mancherorts erlegten die Jรคger das Wild aber auch mit Pistolen vom Sattel aus.
In Mitteleuropa hat man im spรคten Barock den Hirsch beim โHalali sur piedโ โ also wenn er sich den Hunden stellte โ oft nicht mehr abgefangen, sondern in einem Kรคfig abtransportiert, um ihn bei nรคchster Gelegenheit wieder einzusetzen. Das waren keine Jagden mehr, sondern Reitveranstaltungen. Parforcejagden fanden in Mitteleuropa bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges statt.
Ebenfalls zu Pferde wurden Hasenhetzjagden mit Windhunden veranstaltet. Der griechische Schriftsteller Arrian berichtete รผber eine kultivierte Form dieser Jagd bei den Donaukelten im 2. Jahrhundert. Im Barock fรผhrten die Jรคger zu Pferd einen โStrick Windhetzerโ, das waren zwei bis drei Windhunde, die mit ยญeinem Strick gehalten wurden. Wenn ein Hase hoch wurde, schnallte man die Hunde, die das Wild einfingen. Die Hasenhetze mit dem Solofรคnger, also mit einem einzelnen Windhund, wurde in รsterreich-Ungarn bis zum Ende der Monarchie 1918 ausgeรผbt. Mit dem Reichsjagdgesetz von 1934 wurden Hetzjagden mit Windhunden im Deutschen Reich verboten.