Besser Flintenschiessen – Teil 1

Flintenschiessen

Fünf Todsünden
Wenn man beim Flintenschiessen bestimmte Ziele dauernd fehlt, ohne im Entferntesten zu wissen warum, hört der Spaß auf. MARKUS-URS FELDER nennt die fünf häufigsten Fehler und gibt Tipps, wie man sie vermeidet.

Es gibt bekanntlich verschiedene Wege, Fehlschüsse zu erklären oder gar zu entschuldigen, je nach Temperament des Schützen. Der Fatalist meint gerne: „Die schnell Abstreichenden treff’ ich sowieso nicht. Der Hase von links nach rechts liegt mir nicht. Ich schieße grundsätzlich nur, wenn ich auch sicher treffe.“ Und so weiter und so weiter. Das Selbstvertrauen leidet bei dieser Sichtweise immerhin nicht allzu arg, ja es wird zuweilen gern das hervorragende Patronen-Treffer-Verhältnis ins Feld geführt. Allerdings werden die genehmen Ziele im Laufe der Zeit eher weniger als mehr. Wenn dann gar nichts mehr passt, gibt’s ja immer noch die Büchse. Schade! Jeder Flintenschütze hat hin und wieder einen schlechten Tag, an dem gar nichts gelingen will. Nehmen diese Tage aber überhand, sollte er sich wohl oder übel eingestehen, dass mit seiner Kunst etwas nicht mehr stimmt. Welche fünf Todsünden beim Flintenschießen häufig vorkommen, klären wir gleich. Jenseits der Technik wären zunächst aber zwei Dinge zu überprüfen: die Sehkraft und der Schaft. Die Sehkraft: Im Laufe eines Schützenlebens ist es sehr wohl möglich, dass die Sehschärfe des führenden Auges (auch Meisterauge genannt), bei Rechtsschützen in der Regel das rechte, ungleich stark abnimmt und so plötzlich das linke Auge die Kontrolle übernimmt. Immer wiederkehrende Fehlschüsse – vor allem bei Querreitern auffällig – sind die Folge. Hinten vorbei bei Zielen von links nachrechts, vorne vorbei bei Zielen von rechts nach links. Der Schütze bemerkt dann oft: „Die von rechts nach links treffe ich immer (Gratisvorhalt durch linkes Meisterauge bei Anschlag von rechter Schulter), aber bei denen von links nach rechts habe ich meine liebe Mühe.“ Das Schließen des linken Auges vor der Schussabgabe oder die Korrektur der Fehlsichtigkeit durch eine angepasste Sehhilfe löst das Problem meist. Der Schütze darf sich dann jedoch nicht wundern, wenn er bei geschlossenem linken Auge oder nach der Korrektur seiner Brille nun wiederum die Rechts-Linken nicht mehr optimal trifft. Er hat sich durch den Gratisvorhalt des linken Meisterauges bereits ein falsches „Vorhaltebild“ eingeprägt. Wehret den Anfängen! Es gibt dann nur
eins: Weiter vorschwingen, bis sich die Treffer wieder einstellen.

Dem Schaft entwachsen: Die im Laufe der Zeit gemütlicher werdenden Proportionen des Schützen, vor allem im Wangen- und Schulterbereich, fordern ebenfalls ihren Tribut.
. Die Schränkung des Schaftes wird zu gering: Fehlschüsse links vorbei (bei Rechtsanschlag). Die häufigste Ursache in diesem Zusammenhang.
. Die Senkung wird zu gering: Fehlschüsse hoch.
. Der Schaft wird zu lang: Fehlschüsse tief aufgrund der Proportionsveränderung im Schulterbereich (eher seltener).

Ein Flintenschütze, der um diese Zusammenhänge weiß, überprüft dann eben, ob noch alles passt. Er ergreift die Flinte, wählt sich ein Ziel etwas oberhalb der Augenhöhe, schließt beide Augen und schlägt zügig und bequem an. Augen öffnen. Schiene zentriert? Ziel erfasst? Wunderbar! Falls nicht, ist eine sanfte Korrektur des Schaftes bei einem fähigen Schäfter sinnvoll. Die Flinte soll sich nämlich dem Schützen anpassen und nicht umgekehrt! Sind die Unsicherheiten bezüglich der Sehkraft und des Schaftes behoben, können wir uns dem eigentlichen Schießen zuwenden. In die Vita eines jeden Flugwildschützen schleichen sich über kurz oder lang die einen oder anderen Marotten. Gut für den Fehlenden, wenn er sie erkennt, die richtigen Schlüsse zieht und entsprechend korrigiert. Ein bisschen
konzentrierte Übung wirkt dann Wunder.

Todsünde 1
Zielverfolgen mit angeschlagener Flinte: Wohl einer der häufigsten Fehler ist das Hochreißen des Schaftes bei Erscheinen des Zieles und das anschließende Verfolgen desselben mit angeschlagener Flinte. Ein Fehlschuss ist dabei beinahe garantiert! Dieses Kleben auf dem Ziel ist zudem eine heimtückische Sache. Je öfter der Schütze dadurch fehlt, desto eher ergibt sich die Tendenz des Kontrollierenwollens und desto öfter wird er fehlen. Ein Teufelskreis aus Ursache und Wirkung. Erkennt er diese Tendenz – die Garbe wird immer öfter hinter dem Ziel liegen –, ist das eine vorübergehende Schwäche. Wenn nicht, kann daraus eine unbewusste Gewohnheit werden, die sein Selbstvertrauen untergräbt und das gesamte Schießen infiziert. Vertrauen Sie auf Ihre angeborene Gabe des Deutens, und schießen Sie bei erster Zielerfassung, sobald der Kolben sicher in der Schulter liegt!

Todsünde 2
Heben des Kopfes: Das Lösen des Kopfes vom Schaft unmittelbar vor der Schussabgabe macht mit einem Schlag die schöne und richtige These des Maßschäfters zunichte, dass die Garbe bei passendem Schaft dort liegt, wohin der Schütze blickt. Ist jedoch die Senkung zu groß oder der Schaft zu lang, blickt das Führauge zu tief über die Schiene. Damit das Ziel überhaupt noch ausgemacht werden kann, bleibt dem Schützen gar nichts anderes übrig, als den Kopf zu heben. Ein Fehlschuss hoch vorbei ist die Folge. Ein weiterer Grund für das leidige Kopfheben ist das Mucken. Aus Angst vor dem Rückstoß nimmt der Schütze den Kopf vom Schaft und versucht vor jeder Schussabgabe, Kiefer- und Backenknochen in Sicherheit zu bringen. Etwas beherzteres Zugreifen der Abzugshand und gutes Einziehen in die Schulter, zusammen mit weichen Patronen, schafft manchmal Abhilfe, leider nicht immer (siehe Kasten rechts). Auch hier ist das Erkennen des Problems die halbe Lösung. Tatsächlich ist sich der Schütze der unmerklichen Kopfbewegung selbst nie bewusst. Achten Sie bei Serien von unerklärlichen Fehlschüssen einmal darauf, ob der Kopf wirklich am Schaft bleibt, bis der Schuss  verhallt ist! Zielverfolgen und Heben des Kopfes ergeben sich übrigens auch gern, wenn (zu) viel Zeit für die Schussabgabe zur Verfügung steht – bei einer von weit her einfallenden Ente beispielsweise, bei weit her getriebenen Fasanen, bei einer querfliegenden Wurftaube auf 30 Meter oder ähnlichen Zielen.

Todsünde 3
Unbewusstes Stoppen des Schwunges: Dieser Unart verfallen wir alle hin und wieder. Sowohl der Anfänger, der beim Ziehen des Abzuges unbewusst innehält, als auch der erfahrene Schütze, der sich in der Regel unbesehen auf seine Instinkte verlassen kann und daher mal wieder das Durchschwingen bei weiten Querreitern vernachlässigt. Dem Schützen bleibt in der Regel auch dieser Fehltritt verborgen, bis ihn ein erfahrener Kollege oder  der Schießlehrer darauf hinweist – verflixte Sache! Blicken Sie ausschließlich aufs Ziel. Beginnen Sie zu schwingen, während der Kolben noch unten ist. Die Läufe deuten dabei die ganze Zeit aufs Ziel. Bei Zielkontakt der Mündung berührt auch der Kolben die Schulter: Durchschwingen, Schießen! Auf keinen Fall den Blick jetzt zurück aufs Korn nehmen!

Todsünde 4
Mucken: Ebenfalls ein heimtückischer Fehler ist das bereits erwähnte Mucken. Unter den verschiedenen Erscheinungsformen ist das ungewollte Zusammenzucken beim Ziehen des Abzuges, oft mit Schließen der Augen und Verreißen des Schusses nach unten, am häufigsten zu beobachten. Sowohl Anfänger, die den Rückstoß fürchten oder Angst haben, nicht zu treffen, wie auch erfahrene Schützen, die zu viele Schüsse in der Schulter haben, sind davon betroffen. Die Ursache des Muckens ist immer Angst! Beim Neuling wird das Problem durch eine passende Flinte mit weichen Patronen sowie einer guten Instruktion der Basistechniken von Stand, Anschlag und Schwung meist schnell behoben. Die Einsicht, dass auch das Vorbeischießen eine Existenzberechtigung hat, kann ebenfalls helfen. Beim
erfahrenen Schützen ist selbst die Diagnose nicht immer einfach. Falls Sie sichergehen möchten, ob Sie mucken oder nicht, bitten Sie einen Freund, für Sie zu laden und Ihnen die feuerbereite und gesicherte Waffe zu übergeben. Schießen Sie dann auf ein stehendes Ziel, eine Dose, einen leeren Patronenkarton oder so. Für einige ist das Schießen auf stehende Ziele ein Greuel, ich weiß. Betrachten Sie es einfach als Übung zur Selbsterkenntnis. Hin und wieder lädt Ihr Freund eine Abschlagpatrone, natürlich ohne dass Sie es merken. Wenn Sie vom Laster des Muckens befallen sind, werden Sie und Ihr Lader bei der „Schussabgabe“ einen deutlichen Ausschlag der ganzen Flinte wahrnehmen. Es ist dann für beide ziemlich offensichtlich, dass dieser Ausschlag zu einem Fehlschuss auf ein Flugziel führen muss. Die beste Kur für den muckenden Vielschießer ist, mal einen Monat Pause einzulegen. In dieser Ruhezeit sind Übungen auf fiktive Ziele mit Abschlagpatronen und Konzentration auf eine einwandfreie Technik zu empfehlen. Vor der Wiederaufnahme des scharfen Schießens sollten Abzugswiderstände (nicht zu hart, nicht zu weich) sowie – mein Steckenpferd – die Passform des Schaftes überprüft werden. Patronen mit geringer Vorladung sind auch hier zunächst ein Muss. Ein Rückstoßdämpfer wäre eventuell zu empfehlen. Diese Ratschläge hören sich etwas gestelzt an, das Problem jedoch sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Gelingt es nämlich nicht, des Muckens Herr zu werden, wird der betroffene Schütze die Flinte über kurz oder lang im Korn oder am Nagel deponieren.

Todsünde 5
Falsche Position zum Ziel: Die Fußarbeit schließlich ist nicht zu Unrecht das Lieblingskind der Angelsachsen. Ein guter Stand ist nicht nur ein wichtiges Kriterium der Sicherheit, sondern ermöglicht erst ein reibungsloses und flüssiges Schwingen. Ein Schütze, der bei der Schussabgabe völlig falsch zum Ziel steht, macht sich das Leben unnötig schwer. Auch auf der Jagd hat man meist genügend Zeit, sich durch den richtigen Fuß am richtigen Ort den entscheidenden Vorteil zu verschaffen. Die Engländer raten „God save our gracious queen“ zu sagen, bevor der Schaft die Schulter berührt. Vor allem bei abstreichenden Zielen lässt sich mancher ins Bockshorn jagen und reißt die Flinte hoch wie ein Ertrinkender das rettende Tau. Der Schnappschuss aus unnatürlichster Körperhaltung muss danebengehen.

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