Sauwetter gleich Bauwetter?
Jäger suchen gerne nach Faustregeln, wie sich das Wild in der freien Natur verhält. Wann der Fuchs im Bau steckt, hängt aber von vielen Faktoren und nicht allein vom Wetter ab. Bodenjäger Claas Janssen aus Ostfriesland schildert seine Erfahrungen und hat Kollegen in ganz Deutschland dazu befragt.
Erfolg haben kann nur der, der losgeht! So oder so ähnlich heißt das Credo eines fleißigen Bodenjägers. Deshalb kontrollierte ich einmal auch bei vermeintlich schlechtem Wetter meine Kunstbaue. In der Nacht hatte es geschneit, und nun wollte ich noch vor der Arbeit sehen, ob Spuren vorhanden waren. Eigentlich versprach ich mir nichts davon, weil ich bereits am Tag zuvor den Teckel hatte nachsehen lassen. Doch schon beim ersten Bau entdeckte ich von weitem jede Menge Abdrücke. Die Spuren führten sowohl hinein als auch wieder heraus. Ich umschlug den Bau, aber das Auszählen der Abdrücke brachte kein Ergebnis. Es musste Gewissheit her, also eilte ich flugs nach Hause, um den Teckel zu holen. Zwei Jagdfreunde rief ich noch an, die hatten leider keine Zeit. Der Teckel schliefte sofort ein, gab aber keinen Laut. Ich nahm ihn ab. Beim nächsten Bau führte augenscheinlich nur eine Spur hinein. Da es erst gegen drei Uhr in der Nacht begonnen hatte zu schneien, war ich sicher, dass der Fuchs morgens den Bau angenommen hatte. Der Hund gab wieder keinen Laut. Für mich brach eine Welt zusammen. Wie oft hatte mich der „Köter“ jetzt wohl schon ausgetrickst! Nochmals angerüdet, nichts. Es dauerte, bis ich meine Wut in den Griff bekam und mir dann die Spur genauer ansah. Sie führte hinaus. Der Fuchs hatte also erst gegen vier Uhr morgens den Bau verlassen. Es galt wieder der alte Spruch: „Der Hund hat immer Recht!“ Weiter ging’s, denn die Spur führte in Richtung eines dritten Kunstbaues. Die Zeit wurde knapp, eine Stunde später musste ich unbedingt zur Arbeit, absagen ging nicht. Aber ich konnte es nicht lassen, Hund rein, spontan Laut, doch wie üblich, wenn man keine Zeit hat, sprang Reineke nicht. Nach zehn Minuten wollte ich den Hund abrufen, das Rohr verstopfen und abends wiederkommen. Als ich ins Rohr reinschaute, sah ich den Fuchs direkt vor mir. Der drehte natürlich sofort um und ging auf den Hund los – Innendurchmesser des Rohres: 20 Zentimeter. Ich ging zurück, ohne Hoffnung, dass der Fuchs bald springen würde, aber mit Zeitdruck im Nacken. Innen vernahm ich noch das laute Attackieren der Kontrahenten, als zwei Minuten später plötzlich der Fuchs sprang. Auf 25 Meter hielt ich hin (3,5 mm), worauf es Reineke umriss. Einen Moment blieb er liegen, danach machte er sich völlig überraschend auf und davon. „Und so etwas passiert ausgerechnet mir“, dachte ich noch. Abends war der Schnee weggeschmolzen. Dennoch zeigte mein Deutsch Langhaar an zwei Stellen Schweiß. Die Richtung führte zum Bau, den der Räuber am Morgen verlassen hatte. Direkt vor der Röhre fand ich einen Schweißtropfen. Der Deckel des Kessels ist nur 20 Zentimeter unter der Erde. Ich wollte den Hund nicht an den kranken Fuchs lassen, lieber öffnete ich den Kunstbau. Im Kessel war nichts zu sehen, die Rohre bis zur Ausfahrt sind nur vier Meter. Eigentlich kein guter Bau. Es war unser erster Kunstbau. Mit Ästen stocherte ich in den Rohren, nichts. Ich machte ihn zu, und rätselte, dass der Fuchs wieder raus sein müsste. Zu Hause kamen mir dann Bedenken. Jede Ecke der Rohre konnte ich nicht einsehen. Also fuhr ich mit dem Teckel wieder zurück, um ganz sicher zu gehen, dass nichts drin war. Der Hund gab sofort Laut, worauf der Fuchsrüde sprang und im Schuss rollierte. Die Schrote vom Vormittag waren in der Hinterhand steckengeblieben, ohne lebenswichtige Körperteile zu verletzen. Sieben Kilogramm wog der Rote, der kein Problem hatte, sich in einer 20-Zentimeter-Röhre zu drehen. Es ist erstaunlich: Schon nach einem Tag war ein Bau wieder angenommen, trotz Wittrung des Teckels, die sicher noch vorhanden war. Auch lässt sich der in diesem Fall kranke Fuchs durch Krach oder Ähnliches nicht so leicht vertreiben. Und obwohl eine „Neue“ eigentlich die beste Möglichkeit ist, um zu erkennen, ob der Fuchs steckt oder nicht, gibt sie keine endgültige Sicherheit. Frischer Sand vorm Bau besagt, dass der Fuchs sich geschüttelt hat, als er herausgekommen ist. Es ist also ein Zeichen, dass die Röhre benutzt wurde. Ob er im Moment steckt oder nicht, darüber erzählt der Sand nichts. Reineke kann genausogut nach dem Schütteln wieder zurück in den Bau gekrochen sein. So ist es eigentlich mit allen Zeichen, wie frischen Trittsiegeln oder ausgeräumtem Laub. Sie können uns sagen, ob der Bau in letzter Zeit angenommen wurde. Dagegen sind Spinnweben oder Äste vor der Röhre ein unzweifelhaftes Signal, dass an diesem Bau nichts zu holen ist.
Nur im November, gerade in der Zeit, wenn die Baue neu angenommen werden, kann eine Aussage schwierig sein. So standen wir einmal vor einer Röhre voller Laub. Der Teckel hatte richtige Mühe einzuschliefen, wollte aber dennoch nicht aufgeben. Zurecht, denn kurz darauf sprang ein Fuchs. Nie hätte ich geglaubt, dass der Bau befahren sein könnte. Doch die rege fallenden Blätter hatten uns getäuscht. Dies war aber ein Einzelfall. In der Regel kann man nämlich eher erkennen, dass ein Bau nicht befahren ist, als dass ein Fuchs steckt. Nicht so einfach zu deuten ist Wittrung, denn in den meisten Fällen wird der Bau um den Eingang herum markiert. Dabei ist der Duft in der Ranzzeit sehr intensiv. Einige Bodenjäger sind der Meinung, dass der im Bau befindliche Fuchs nicht außerhalb markiert. Das mag so sein, aber wer weiß schon, ob nicht ein anderer vorbeischnürender Geselle die Durftmarke gesetzt hat. Deshalb lohnt sich eine Kontrolle der Baue immer. Das Geruchsempfinden des Menschen ist auch sehr unterschiedlich. „Geh doch mit der Nase weiter in den Bau, dann riechst du doch sofort, ob einer drin ist oder nicht.“ Das war die Aussage eines Teckelrichters. Ich habe ihn selbst riechen lassen, und er wusste ganz sicher, dass keiner drin sei. Es stellte sich als falsch heraus! An einem Waldweg, der wenig befahren war, lag unter einem Baum der Eingang zum Bau. Spuren waren zu sehen, es stank gen Himmel nach Fuchs. Der Hund rein, drehte aber sofort wieder um. Da musste doch einer drin sein – nochmals angerüdet, dasselbe Ergebnis. Der Unglaube blieb. Ich nahm die Taschenlampe und sah, dass es nur einen Meter reinging, dann war Schluss. Jeder Fuchs, der hier vorbeigeschnürt war, hatte vermutlich seine Markierung abgesetzt. Ist man zum ersten Mal in einem Revier, kann es leicht dazu kommen, dass hinter vorgehaltener Hand dem Hund Unfähigkeit attestiert wird. Erhält der Teckel oder Terrier an einem solchen Tag keine Chance mehr, sein Können an einem befahrenen Bau zu beweisen, könnte das schon der letzte Besuch in diesem Revier gewesen sein. Erfolg ist halt alles. Bei jungen Hunden, die zum ersten Mal im Naturbau arbeiten, sollte ein erfahrener Bauhundführer mitgehen, eventuell eine Kontrolle mit dem eigenen Hund vornehmen. Einige Hunde bellen, um sich Mut zu machen, ohne dass ein Fuchs steckt. Andere werden beim ersten Aufeinandertreffen mit Reineke ängstlich und sind beim ersten Vorstoß des Fuchses wieder draußen. Die Arbeit unter Tage ist schwer. Junge Hunde werden oft einen Fuchs verfolgen, verbellen und auch sprengen. Beim zweiten Fuchs am selben Tag sind sie dann überfordert. Sie brauchen manchmal eine Woche, um sich zu erholen. Es ist wichtig, dem Hund Zeit zu geben und nicht unnötig anzurüden, wo es nichts zu holen gibt. Allerdings sollte man bei großen Bauanlagen auch nicht zu schnell aufgeben. Reinekes unterirdische Wege sind manchmal weit verzweigt und oft nicht im ersten Durchgang „erforscht“.
Die Frage nach dem besten Bodenjagdwetter taucht immer wieder auf. Die simple Anwort, sollte es denn eine geben, könnte lauten: „Sauwetter ist Bauwetter!“ Wenn man selbst am liebsten zu Hause am Kamin bleiben würde, schnürt auch der Fuchs selten durch Feld und Flur. Deshalb sollte der Bodenjäger bei starkem Wind und/oder Regen seinen Teckel an die Leine nehmen und die Baue kontrollieren. Aber selbst bei widrigen Verhältnissen dürften etwa 50 bis 70 Prozent der Füchse in Gebieten mit guter Deckung nicht einschliefen. Ich meine, dass Kälte und Schnee auch Gründe für den Fuchs sind, einen Bau aufzusuchen. Wobei sich diese Faktoren nicht generell anwenden lassen, denn bei sonnigem Winterwetter lässt sich Reineke trotz Frost und weißem Bodenbelag tagsüber häufig außerhalb seiner Behausung sehen. Nicht selten sind die Frühaufsteher unter den Bodenjägern morgens eher am Bau als der vom Beutezug zurückkehrende Fuchs. Ich habe dreimal erlebt, dass während die Hunde im Bau arbeiteten, ein Fuchs gerade selbigen aufsuchen wollte und dabei zur Strecke kam. Unruhe im Revier, Treibjagden in der Umgebung, Erholungssuchende, Motorsägen, Manöverlärm und Silvesterknallerei: All das sind Punkte, die den Fuchs veranlassen könnten, den Bau aufzusuchen. Doch dürfen es keine dauerhaften Belästigungen sein, an die sich Reineke schnell gewöhnt, wie Autobahnen, Schießstätten oder Wanderwege. Bei all den Anworten auf die Frage, wann der Fuchs im Bau sei, sollte man sich die gängige Praxis vor Augen führen: Baujagdtage werden lange Zeit im Voraus festgelegt. Bereits Anfang November, während der ersten Jagden, wird mit den meisten Revierinhabern die nächste, eventuell sogar der übernächste Baukontrolle abgemacht. Im Durchschnitt begehen wir die Baue, die Erfolg versprechen, alle vier Wochen, demnach drei- bis fünfmal im Jahr. Anschließend wird dann der Erfolg oder Misserfolg auf die bereits genannten Gründe geschoben: Wetter zu gut, mit nassem Balg geht der Fuchs nicht in den Bau und vieles mehr. Für mich war Anfang November bis Mitte Dezember eine gute Zeit, Reineke in seiner Behausung anzutreffen. Dann wird es bis zum 10. Januar merkbar ruhiger. Diese Faustregel kann sich aber bei einem warmen Herbst wie im letzten Jahr nach hinten verschieben. Während der Ranz im Januar und Februar sind generell viele Füchse im Bau anzutreffen. Allerdings lässt sich der Fuchs am Anfang der Saison besser sprengen als zum Schluss. Neigt sich der Februar dem Ende zu, gehen einige Fähen bereits dick und verteidigen den Bau vehementer als sonst – da kann das Wetter sein, wie es will.