Büchsenschäfte: Bei einer Flinte legen die meisten Jäger großen Wert auf den Schaft. Ganz anders sieht’s bei Büchsen aus. Manchmal wird die Länge korrigiert. Aber sonst wird meist nichts gemacht. Vermehrt sieht man sogar einfache, gerade Kunststoffschäfte ohne Backe. Sind Backen also out?
Norbert Klups
Schaftbacken waren früher an jedem Büchsenschaft vorhanden. Je nach Region gab es unterschiedliche Formen, wie die runde Deutsche oder die kantige Bayerische Backe. Aus den USA kam der Monte Carlo Schaft und die Überrollbacke. Einerseits waren Schaftbacken Stilelement und gaben dem Schaft ein gefälligeres Aussehen. Sie hatten aber auch durchaus eine wichtige Aufgabe beim Büchsenschuss. Die Schaftbacke ist eine Volumenvergrößerung des Schaftes zur Anschlagseite des Schützen hin, die es ihm ermöglichen soll, den Kopf an den Schaft anzulehnen. Damit wird eine größere Stabilität erreicht. Für Linksschützen muss die Schaftbacke natürlich auf der anderen Seite des Schaftes liegen. Hier haben wir schon einen Grund, warum bei vielen preisgünstigen Büchsen heute keine Schaftbacke mehr vorhanden ist. Ein Schaft ohne Backe kann von Links- und Rechtsschützen benutzt werden. Das ist weitaus preiswerter in der Produktion als Schäfte für Links- und Rechtsschützen anzubieten, besonders bei Kunststoffschäften, denn hier fallen sehr hohe Kosten für die Herstellung der Gussform an. Der 2. Grund ist sicher auch der Umstand, dass heute so gut wie jede Kugelwaffe mit einem Zielfernrohr bestückt wird. Dadurch wird der Anschlag verändert, und zwar je nach Bauhöhe der Montage, die wiederum abhängig vom Objektivdurchmesser des Zielfernrohres ist. Um das volle Sehfeld auszunutzen, ist der Schütze gezwungen, gerade durchs Zielfernrohr zu gucken.
Bei den heute üblichen Zieloptiken mit 50 oder gar 56 mm Objektivdurchmesser liegt der Kopf nicht mehr am Schaft, sondern schwebt beim Zielvorgang und Schuss seitlich über und neben dem Schaft. Eine Schaftbacke ist in diesem Fall völlig überflüssig. Ideal ist so eine Position natürlich nicht, denn sie ist instabil und überanstrengt die Nackenmuskulatur. Bei großen Kalibern stellt
sich schnell die typische „Safari-Nackenzerrung” ein. Beim Schuss vom Ansitz mag das noch gehen, denn hier hat der Schütze genügend Zeit, um sich auf eine saubere Schussabgabe zu konzentrieren
und kann sich passend hinter die Zieloptik positionieren. Ganz anders sieht’s beim schnellen Schuss auf der Drückjagd aus. Hier ist diese Schießhaltung langsam und wenig präzise. Liegt der Kopf fest am Schaft an, schwingt die Waffe ohne Verzögerung. Schwebt der Kopf aber neben dem Schaft, ist er sozusagen abgekoppelt: Nur die Waffe schwingt, und der Schütze versucht ihr zu folgen.
Um schnell und sicher zu schießen,muss der Schütze festen Kontakt zum Schaft haben, wenn er gerade durch die Zieloptik blickt. Dabei hilft eine flache Montage und ein Drückjagdzielfernrohr mit kleinem Objektivdurchmesser. Bei Kunststoffschäften aus US-Produktion ohne Backe sowie niedrigem Schaftrücken nutzt das aber auch wenig. Schaftanlage wird damit kaum möglich sein. Auf eine Schaftbacke könnte man zur Not sogar noch verzichten, aber die Senkung des Schaftes muss zur Bauhöhe des montierten Zielfernrohres passen, sonst ist ein schneller Schnappschuss Wunschdenken.
Optimal sind höhenverstellbare Schaftrücken, die es erlauben, die Senkung je nach Zieloptik zu verändern. Hat die Waffe keinen verstellbaren Schaftrücken, gibt’s dennoch Abhilfe. Mit einer aufsteckbaren Schaftrückenerhöhung lässt durch Einsatz verschiedener Einlagen der Schaftrücken je nach gewünschter Senkung erhöhen. Vor allem bei geraden, backenlosen Kunststoffschäften ist das ein sinnvolles Upgrade. Bei einer Repetierbüchse ist die Höhe des Schaftrückens allerdings limitiert, denn die Kammer muss sich noch zurückziehen lassen und darf nicht durch einen zu hohen Schaftrücken behindert werden. Sogenannte Universalzielfernrohre, wie etwa ein 1,8— 14 x 50 oder 2—12 x 50, bauen meist zu hoch, um den Schaftrücken passend zu erhöhen und trotzdem noch repetieren zu können. Dann ist zwingend eine niedrige Montage und ein Zielfernrohr mit kleinem Objektivdurchmesser erforderlich. Kipplaufwaffen und Selbstladebüchsen oder Repetierer wie die Merkel Helix, bei denen keine Verschlussteile nach hinten aus dem Verschluss austreten, haben dieses Problem nicht.
Das Material ist zweitrangig und wird eher vom persönlichen Geschmack bestimmt. Edles Nussbaumholz sieht toll aus, Kunststoff sowie Schichtholz sind praktischer und preiswerter. Bei einer reinen
Ansitzwaffe für den Kugelschuss lässt die Schaftgestaltung eine Menge Spielraum zu. Hier kann sich der Schütze auf den Schaft einstellen und wird trotz fehlender Anlage des Kopfes treffen. Ein
möglichst hoher Schaftrücken ist aber bei den heute verwendeten Zieloptiken immer von Vorteil. Soll die Waffe auch auf der Drückjagd eingesetzt werden und hat der Schütze den Anspruch sowie
die Fähigkeit, auch schnelle Sauen zu erlegen, ist ein passender Schaft mit sauberer Kopfanlage notwendig. Dann ist die richtige Schaftsenkung maßgeblich. Erfahrene Drückjagdschützen geben
nicht umsonst auch bei ihren Büchsen viel Geld für Maßschäfte aus. Ein Anschlag zu Hause mit der Büchse vor dem Spiegel zeigt sehr schnell, ob der Kopf am Schaft anliegt oder daneben schwebt.
Fehlt nicht allzu viel, lässt sich das oft preisgünstig ändern.