Röhren für Räuber

Fallenvergleich In puncto Lebendfang hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Fangjagdexperte Stephan Wunderlich hat sich die gängigen sowie modernen Betonrohrfallen in der Praxis angesehen.

Betonrohrfallen dienen einem Zweck: dem unversehrten Lebendfang von Fuchs, Dachs und anderem Raubwild auf lange Sicht am gleichen Fangplatz. Klassiker, wie die Betonrohrfallen nach Dr. Spittler und nach Wildmeister Amann, sind seit Jahrzehnten in nahezu unveränderter Form im Einsatz. Sie werden jedoch zunehmend von modifizierten Systemen abgelöst. Dem Grundprinzip der vorgenannten Systeme folgen jedoch auch ­diese. Sie bestehen in der ­Regel noch immer aus Betonrohren mit 20 bis 30 Zentimetern Innendurchmesser, Auslösemechanismus, Gestänge und Schiebern. Köderabzüge oder Stolperdrähte lösten früher die Schieber aus. Heute treten an deren Stelle Wippen oder Wipprohre. Der Vorteil dabei ist, dass sich das Wild durch pure Neugierde und Arglosigkeit fängt. Es muss nicht mehr aktiv ­irgendwo anstoßen oder an Ködern ziehen. Außerdem entfällt das Hantieren im engen Inneren einer Falle bei Minustemperaturen, um einen abgerissenen Auslösedraht zu ersetzen, sowie das Auslösen durch unerwünschte Beifänge wie Ratten und Mäuse. So sind die Fallen deutlich bedienungsfreundlicher und nervenschonender.
Die Klassiker Das System nach Dr. Spittler hat sich über Jahrzehnte bewährt. Bei entsprechender Vorbereitung des Fangplatzes, am besten mit einem Minibagger, ist der Einbau zu zweit in etwa zwei Stunden erledigt. Bis zu den Schiebern kann die Falle unterirdisch verbaut werden, trotzdem bleiben alle wesentlichen mechanischen Teile erreichbar. Eine Auslösung erfolgt über Köderabzug oder einen Stolperdraht, was von vielen Fallenstellern als Nachteil erachtet wird. Das System Spittler ist in sich abgeschlossen. Dies bedeutet, dass das Aus­lösegestänge und die Auslösung gegen Einflüsse von außen geschützt sind. Somit kann die Falle unverblendet eingebaut werden. Allerdings ist das Gestänge ungeschützt mit dem Auslöser im Köderschacht eingebracht und bietet somit einen Hauptangriffspunkt für Befreiungsversuche von gefangenem Wild. ­Dieser Fallentyp besticht durch hohe Passgenauigkeit und sehr zuverlässige Schieber, welche zur Zeit wohl die besten auf dem Markt sind. Eine Umbauung benötigt das System Amann, um es gegen Witterungseinflüsse wie Wind, Schnee und Eis zu sichern. Denn diese Betonrohrfalle kann nur oberirdisch verbaut werden. Allerdings ist die Installation recht einfach und mit einem Helfer in zwei Stunden erledigt. Die nötige Verblendung nimmt aber noch einmal zusätzlich Zeit in Anspruch und macht den Fangplatz sehr auffällig. Im Gegensatz zum System Spittler, das für den Einbau in 30er-DIN-Betonrohre ausgelegt ist, lässt das System Amann auch geringere Rohrdurchmesser zu, was aus Tierschutzgründen aber abzulehnen ist. Die meisten Landesjagdgesetze schreiben ohnehin Mindestdurchmesser über 25 Zentimeter vor. Auch das System Amann löst durch Stolperdraht oder Köderabzug aus, was vorsichtiges Wild misstrauisch machen kann. Sowohl das System nach Spittler als auch das nach Wildmeister Amann punkten durch eine grundsolide Verarbeitung, die auf jahrelanger Erfahrung im Fallenbau basiert. Beide Fallentypen sind sicherlich keine Auslaufmodelle.
Das Leichtgewicht Ein Modell mit Wippe ist die Röhrenfalle von Heinz-Wilhelm Kock. Sie besteht nicht aus Beton-, sondern aus mit Zement ausgekleideten PVC-Rohren (die Eingangs-Rohre, mit denen Wild von außen in Berührung kommen kann, sind beidseitig mit Zement verkleidet). Somit ist das Gerät sehr leicht. In diese Rohre kommt eine Betonsohle, die an die bodenbündige, ebenso mit Zement versehene Wippe führt. Eine Köderbox mittig über dem individuell verstellbaren Wippbrett ermöglicht ein Beködern, ohne etwas in den Falleninnenraum geben zu müssen. Das Wild fängt sich also rein durch Neugierde. Der Aufbau gestaltet sich aufgrund des geringen Gewichts der Einzelteile sehr angenehm. Es ist kein massives Fallenbett notwendig. Lediglich die drei Standelemente an den Schiebern und unter der Mitte der Wippe müssen in Waage liegen. Der Aufbau mit zwei Personen dauert mit etwas Übung etwa eine Stunde. Aufgrund des geringen Lichteinfalls an den stabilen Fangschiebern sollte das Modell auf jeden Fall umbaut werden.
Der Mix aus Klassik und Moderne Die Krefelder Fuchsfalle existiert in ihrer Ursprungsausführung und in einer neuen, überarbeiteten Version. In diesen Modellen vereinen sich die Vorzüge des Systems Spittler, nämlich sich im Boden quasi unsichtbar machen zu können, mit der Wippauslösung. Die vor dem Einbau nötigen Flexarbeiten für Schieber, Auslösewippe und Beköderungsschacht beanspruchen circa zwei Stunden Arbeit. Der Aufbau mit einem Kollegen dauert, je nach Bodenart, noch einmal knapp zwei Stunden. Beim Krefelder System entfällt eine Umbauung, da die gesamte Auslösung sowie das Gestänge in Überwurfrohren, beziehungsweise in einer abgeschlossenen Einheit für die Auslösung geschützt sind. Bei der ersten Ausführung des aus vollverzinkten und CNC-gestanzten sowie gefrästen Teilen bestehenden Systems waren die Schieber eindeutig zu leicht und zu dünn. Bei einem Fehlfang im Winter hatte das Eigengewicht der senkrecht fallenden Schieber nicht ausgereicht, um einen festgefrorenen Schieber fallen zu lassen. Bei der neuen Ausführung wurde das Problem aber zufriedenstellend behoben. Ebenso ist bei dieser Ausführung das Schiebergehäuse absolut lichtdicht. Vorsicht ist vor dem Einbringen von Aufbrüchen auf Höhe der Wippe zur kalten Jahreszeit geboten: Friert der Aufbruch ein, sitzt die Wippe fest. Das tut sie lobenswerterweise in der überarbeiteten Version auch, wenn sich ein Stück gefangen hat. Löst die Wippe aus, arretiert sie bodenbündig, sodass keine Möglichkeit für einen Befreiungsversuch des gefangenen Wildes entsteht. Das ist aber in der ersten Ausführung nicht der Fall.
Die „Revolution“ Wipprohrfallen bestechen durch eine andere Art des Auslösemechanismus. Sie geht weg von Drähten im Inneren der Falle und nimmt Abstand von Auslösern, die das Wild stören oder misstrauisch machen. Wild, das einmal beschlossen hat, die Falle anzunehmen und zu durchlaufen, löst diese rein durch das Betreten des mittleren, kippenden Rohres aus, fängt sich also durch seine Arglosigkeit und Neugierde. Das bekannteste Wipprohrfallen-­System ist das Modell Dose. Vor dem Einbau dieser Falle muss der Fangplatz penibel vorbereitet werden. Bei weichem Untergrund oder hoher Kaninchendichte em­pfiehlt es sich, ein Betonfundament von 80 Zentimetern Breite und 500 Zentimetern Länge anzulegen oder Gehwegplatten zu verwenden. Sackt ein Rohr etwas ab, verkanten die Schieber, und die Fehlauslösungen nehmen zu. Der zum Auslösen notwendige Spalt zwischen Mittelrohr und den daneben liegenden starren Rohren wurde inzwischen so minimiert, dass es kaum noch Angriffsfläche für Befreiungsversuche des gefangenen Wildes gibt. Jedoch lässt sich ein – wenn auch geringer – Lichteinfall in die Falle nicht gänzlich vermeiden, was eine Umbauung der Falle in jedem Fall notwendig macht. Fortwährende Fehlauslösungen durch Witterungseinflüsse werden dadurch verhindert. Der komplette Aufbau mit zwei Mann ist aus den genannten Gründen recht zeitintensiv und kann gut einen halben Tag dauern. Die Wippe als Auslöser ist als Vorteil gegenüber anderen Fallen zu nennen.
Fazit Wipprohrfallen sind in Mode und das ­sicher zu Recht. Dies bedeutet aber auf keinen Fall, dass Sie sich von ihren alten Rohrfallen verabschieden sollten. Auslöser lassen sich mit wenig Aufwand modifizieren. Eine Fichtenwurzel anstelle der Auslösegabel des Systems Dr. Spittler wirkt Wunder. Für mich wäre eine Mischung aus dem Gestänge und den Schiebern des Systems Dr. Spittler gepaart mit einer Auslösung über ein Wipprohr die ultimative Lösung, um Raubwild mit einem Maximum an Effektivität auf den Balg oder die Schwarte zu rücken.
Fotos: Stephan Wunderlich, Klaus Demmel, Peter Schmitt

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