Pirschen im Sommer

Die Pirsch wird als „Krone der Jagd“ bezeichnet. Dennoch verliert sie zunehmend an Bedeutung. Das muss nicht sein. Altbewährte Kniffe und moderne Ausrüstung machen sie zu einer äußerst spannenden, dynamischen und erfolgversprechenden Jagdart.
Peter Diekmann

Pirschen im Sommer

Fotos: Hans Jörg Nagel

Für viele Jäger ist die Pirsch die schönste Jagdart. Keine andere Form der Einzeljagd ist aktiver und dynamischer. Der Jäger ist hier eins mit der Natur. Seine Beute muss er sich erarbeiten. Umso größer ist im Falle eines Jagderfolgs die Freude über das erlegte Stück. Taktik und Verhalten haben gepasst. Eine runde Sache. Die Beute ist dann der wohlverdiente Lohn für eine zwar schwierige und anstrengende, aber dafür umso erlebnisreichere Jagd.

Wo pirschen?

Grundsätzlich kann in jedem Gelände gepirscht werden. Von Vorteil ist natürliche Deckung. Im Schutz von Hügeln, Hecken oder Gräben kann der Jäger sich gedeckt fortbewegen. Schwieriger gestaltet sich die Pirsch im offenen Gelände. Auf Feldern und Wiesen, gerade wenn diese frisch gemäht oder geerntet sind, fehlt dieser optische Schutz. Höchstens Strohballen können beispielsweise in der Blattzeit oder bei der Nachtpirsch auf Sauen als Deckung und Auflage genutzt werden.

Bei Tageslicht empfiehlt sich der Einsatz eines „Wischs“. Ein kleiner Ast mit reichlich Blättern, den der Jäger robbend vor sich her trägt, um seinen Körper dahinter zu verstecken. Bei optimalem Wind hat er damit gute Chancen, sich dem Wild auf Schussdistanz zu nähern. Im Wald, an und in Feldgehölzen ist der Untergrund entscheidend. Wenig sinnvoll ist es, sich durch trockenes Fichtenreisig zu nähern. Selbst die vorsichtigsten Schritte verursachen dann verräterische Geräusche. Ideal sind Pirschsteige.

Soll ein ganzes Revier oder ein Revierteil von einem Steig durchzogen werden, ist der Arbeits- und Pflegeaufwand natürlich enorm. Deshalb sollte der Jäger erst dann einen Steig anlegen, wenn er genaue Revierkenntnisse besitzt. Woher weht der Wind? Wo hat das Wild seine Einstände? Wo sind die bevorzugten Äsungsplätze? All diese Dinge müssen in die Planung mit einbezogen werden. Die alte Weisheit, dass ein Revier schneller leergepirscht als -geschossen wird, trifft nur dann zu, wenn planlos umhergelaufen wird. Einen Pirschsteig durch Einstände zu legen, ist beispielsweise unsinnig.

Zudem sollten wir darauf achten den Pirschsteig nicht zu offensichtlich anzulegen. Sie werden sonst gern von Freizeitsportlern genutzt. Die Steige sollten nicht direkt am Wegesrand beginnen, sondern erst hinter einem Gebüsch oder einer Geländekuppe. Gibt es im Revier keine Pirschsteige lässt sich auch das vorhandene Wegenetz nutzen. Asphalt oder Sand ist als Untergrund deutlich besser geeignet als Kies oder Schotter. Auch auf bewachsenen Wegen lässt es sich lautlos pirschen. Oft ist am Rand oder in der Mitte der Fahrspuren Bewuchs vorhanden.

Ohnehin ist es besser, am Rande zu pirschen, da hier mitunter durch den Bestand natürliche Deckung vorhanden ist. Der Jäger läuft dann nicht wie auf dem Präsentierteller durch das Gelände. Zudem steht das Wild oft am Wegesrand, um zu äsen. Dadurch haben wir gute Chancen, Stücke in Anblick zu bekommen. Das freie Schussfeld auf den Wegen ist ein weiterer Vorteil.

 
In der hinteren Wiese steht ein
Bock. Mit der richtigen
Strategie nähert man sich …
… unter Ausnutzung jeder Deckung
der auserwählten Beute. Gebückt
oder robbend …
… je nach Deckungshöhe, bewegt
der Jäger sich nur, wenn der Bock
äst. Mit Bedacht…… Geduld und gutem Wind nähert
man sich bis auf Schussdistanz.

Wann pirschen?

Die Frage nach der Uhrzeit lässt sich nur in Zusammenhang mit der zu bejagenden Wildart beantworten beantworten. Gilt es beispielsweise den Sauen, wird die Pirsch am Tage in den meisten Revieren kaum erfolgreich sein. Die Nachtpirsch bei gutem Licht ist hingegen ein unvergleichliches Erlebnis. Wenn eine Rotte Sauen im Gebräch steht, geht es oft recht laut zu. Fremdgeräusche werden von den Stücken dann weniger leicht wahrgenommen. Der Gesichtssinn des Schwarzwildes ist zudem schlecht ausgeprägt. Steht der Wind auch noch passend, sind die Aussichten, sich der Rotte auf Schussentfernung zu nähern, sehr gut.
 
Auch die kurzen Sommernächte kommen dem Weidmann entgegen. Frisch geerntete Felder bieten für Sauen einen reich gedeckten Tisch. Wenn sie zur Nachlese auf die hellen Stoppeln treten, kann man sie leicht ansprechen und sicher erlegen. Zudem sind Sommernächte viel zu kurz, um in diesen wenigen Stunden den Nahrungsbedarf zu decken. Sauen sind also auch noch bei gutem Licht unterwegs. Beim tagaktiven Reh- und Damwild lohnt sich auch die Pirsch am Tage. Die Kenntnis über den genauen Äsungsrhytmus des Wildes ist von entscheidendem Vorteil. Selbst Rotwild ist mancherorts am Tage auf den Läufen.
 
Einzig in der Dämmerung sollte man auf das Pirschen verzichten. Der menschliche Gesichtssinn ist dann noch schwächer als der ohnehin schon bessere des Wildes. Hinzu kommt, dass die Ansprache bei schlechtem Licht sehr schwer fällt. In dieser Zeit sollte der Jäger keine Unruhe ins Revier bringen. Die vegetationsreiche Zeit eignet sich besonders gut zum Pirschen. Zum einen ist dann die Deckung am besten, zum anderen ist das Wild nicht so sehr auf Ruhe angewiesen wie in der kalten Jahreszeit. Zwar ist die viele Deckung auch für das Wild von Vorteil, doch sollte man deswegen nicht auf die Pirsch verzichten. Die Aktivitätsphasen sind jetzt deutlich höher als in der kälteren Jahreszeit. Zudem ist das Wild viel öfter als Einzelgänger oder in kleineren Verbänden unterwegs. Die Chancen auf Anblick sind deutlich größer.
„Gummipirsch“: mit dem Auto Wild
bestätigen, Taktik schmieden, anpirschen!
 

Wie pirschen?

In Feldrevieren mit hügeligem Gelände lohnt es sich, die Gegend vorher mit dem Auto abzufahren. Gerade in den Äsungsperioden steht das Wild auf den Freiflächen. Mit dem Auto kann der Jäger auf sichere Distanz Wild ausmachen. Spektive können in diesem Fall sehr hilfreich sein. Unter Ausnutzung der Wind- und Geländeverhältnisse wird ein Plan geschmiedet, sich dem Wild zu nähern. Ist diese Taktik von Erfolg gekrönt, ist die Erlegerfreude deutlich größer als vom Ansitz aus.
 
Das A und O erfolgreicherPirsch ist das Überprüfen des Windes. Optimal ist im Feld natürlich Windstille. Das ist jedoch eine Ausnahme. Ein klarer Wind aus einer Richtung bietet die größte Sicherheit vor Überraschungen. Wer das Revier kennt, weiß, ob er damit Einstände verstänkert oder nicht. Fatal ist küselnder Wind. Der Jäger tut gut daran, bei solchen Windverhältnissen zu Hause zu bleiben. Gerade im Sommer kann es passieren, dass der Jäger bei vorsichtiger Gangart plötzlich vor einem Stück Wild steht. Auf kurze Distanz sollte man in der Bewegung erstarren.
 
Hat das Stück einen noch nicht weg, kann man vorsichtig in Anschlag gehen. Wenn es den Menschen aber erkannt oder gewittert hat, sollte man sich die Fähigkeit des Wildes, den Spaziergänger vom Jäger zu unterscheiden, zu Nutze machen. Einfach so tun, als wäre man ein Wanderer. Mit normalem Tempo, der damit verbundenen Lautstärke und Selbstgesprächen weiterlaufen. Das Wild springt ohnehin ab. Wenn wir es nun in dem Glauben lassen, kein Jäger zu sein, ist die Hoffnung berechtigt, dass es sich schneller wieder beruhigt und seine Tagvertrautheit nicht verliert. Wer sich im Revier in solchen Situationen öfters falsch verhält, wird sich wundern, wie schnell er keinen Anblick mehr hat.
 
Einige Wildarten neigen übrigens zum sogenannten Scheinäsen. Haben sie etwas bemerkt, was sie nicht eindeutig zuordnen können, verfallen sie in diese Verhaltensweise. Sie senken das Haupt und tun so, als würden sie äsen. In Wirklichkeit ist die Anspannung und ihre Aufmerksamkeit sehr hoch. In diesen Momenten sollte der Jäger absolut bewegungslos bleiben. Solange bis das Wild wieder zum richtigen Äsen übergeht.
 
Der Hund: Die phänomenale Nasenleistung ist zusammen mit der Kenntniss über die Verhaltensweisen des vierläufigen Begleiters Gold wert. Wer seinen Hund kennt, kann an seinem Verhalten genau erkennen, was sich im näheren Umkreis tut, ohne etwas gehört oder gesehen zu haben. Der Hund kündigt zuverlässig an, ob wir mit Wild zu rechnen haben. Bei eingespielten Teams weiß der Hundeführer sogar, mit welcher Wildart zu rechnen ist. Allerdings ist der Gehorsam des Hundes entscheidend. Ein Hund, der voller Aufregung fiept oder bellt, ist für die Pirsch absolut ungeeignet. Als positiven Nebeneffekt der Pirsch bemerkt der Jäger vieles in seinem Revier: Wechsel, Fährten, Fegestellen. Der aufmerksame Beobachter wird einiges über das Verhalten des Wildes lernen.
 
Die Lichtverhältnisse: Aus dem Schatten kann man besser in das Licht gucken als andersherum. Diese Regel sollte man immer im Hinterkopf haben. Demzufolge morgens eher gen Osten, abends eher gen Westen pirschen. Auf jeden Fall aber nicht im vollen Licht stehen, sondern jede Möglichkeit nutzen, sich im Schatten fortzubewegen.
 
 
Wind prüfen: Pflicht vor jeder
Pirsch. Egal ob mit Rauch, Federn,
Grassamen oder feuchtem Finger.
Ein uralter und bewährter Trick:
sich mit dem „Wisch“ im offenen
Gelände tarnen und nähern.
Aufgepasst! Das Alttier hat etwas
bemerkt. Jetzt gilt es, Ruhe zu
bewahren, am besten getarnt!

Ausrüstung

 
Pirschjäger waren seit jeher erfolgreich. Trotz auffälliger heller Trachtenkleidung erlegten sie immer wieder Wild auf der Pirsch. Dennoch hat der Wechsel zur grünen Kluft schon einen entscheidenden Vorteil gebracht. Der natürlichen Umgebung haben wir uns damit deutlich besser angepasst. Inzwischen hat aber auch in Deutschland Tarnkleidung Einzug gehalten. Wir benutzen diese optimale Tarnung bei der Krähen- , Tauben- oder Blattjagd. Warum nicht auch bei der Pirsch? Gerade hier kann sie von unschätzbarem Vorteil sein. Mit Anzug, Handschuhen und Gesichtsschleier sind wir bei gutem Wind und Bewegungslosigkeit für das Wild weniger leicht wahrnehmbar. Ein unschätzbarer Vorteil. Ohnehin ist alles, was hell ist und in der Sonne blinkt, verräterisch. Ob helle Hautpartien wie das Gesicht oder Schmuck wie eine silberne Armbanduhr: Unbedingt verdecken! Bei der Ausrüstung gilt: Weniger ist mehr! Gerade im Sommer kommt man schnell ins Schwitzen. Je mehr Keidung, je schwerer der Rucksack, desto anstrengender die Pirsch. Zudem sollte die Bewegungsfähigkeit nicht eingeschränkt werden. Im Rucksack nur das Nötigste! Um den Hals ein leichtes Pirschglas (am besten nicht mehr als 42 Millimeter Objektivdurchmesser). Auf der Schulter die Waffe und in der Hand den guten, alten Pirschstock, der beim Schuss auf größere Distanzen eine große Hilfe ist. Wer im Umgang nicht geübt ist, sollte unbedingt die Handhabung auf dem Schießstand üben, um im Fall der Fälle ohne Unsicherheit schnell handeln zu können.
Jede Deckung nutzen und im
Schatten bewegen! Tarnkleidung
ist eine sinnvolle Ergänzung.
Das wird nichts! Tipp: Dicke Wollsocken
über den Stiefeln dämpfen
die Geräusche auf Schotterwegen
 

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