Allein schon der Gedanke an Rachendasseln lässt den meisten Jägern einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Wie gegen die lästigen Tierchen vorgegangen werden sollte, erklärt
ein erfahrener Jäger sowie Tierarzt.
Befall von Rachendasseln ist mittlerweile in den meisten Regionen Deutschlands eine sehr häufig auftretende Krankheit beim Rehwild. Besonders betroffen sind Jährlinge, Schmalrehe und Kitze. Hohe Rehwilddichten und somit niedrige durchschnittliche Wildbret-Gewichte der Stücke begünstigen den Befall mit Dasseln. Die Larven werden von Juni bis August – während der Schwärmzeit – von der etwa 1,5 Zentimeter großen, hummelartigen, gold-und schwärzlich-gefärbten Dasselfliege besonders auf unerfahrene, schwache und leicht kränkliche Jungtiere übertragen. Die Dasselfliege legt im Flug Flüssigkeitströpfchen, gefüllt mit frisch geschlüpften Larven, in die Löcher des Windfangs des Rehs ab.
Dieses zeigt oft aus Unerfahrenheit ein zu schwaches Abwehrverhalten gegenüber den um das Haupt schwärmenden Fliegen, so dass die Larven in hoher Anzahl abgelegt werden können. Dadurch ergibt sich für das folgende Frühjahr bei diesen Stücken ein Massenbefall mit Rachendassellarven. Es treten die klassischen Symptome der Schleuderkrankheit auf. Die Nahrungsaufnahme wird gestört und verkürzt. Ruhephasen, welche zum Wiederkäuen notwendig sind, werden ebenfalls verkürzt. Dem Jäger fällt beim Ansprechen besonders das dauernde Kopfschütteln, Husten und die Unruhe der mit dem Haupt schleudernden erkrankten Stücke auf.
Frühzeitiger Abschuss Anfang Mai, vor dem Heranreifen und anschließenden Aushusten der Larven durch das befallene Stück, kann den Entwicklungszyklus unterbrechen. Dies ist eine wichtige Hegemaßnahme. Denn wurden die Larven erstmal ausgehustet, folgt nach dem Verpuppen und Schlupf schon wieder die nächste Generation von Fliegen, die erneut zu Infektionen führt.
Übrigens sollten die Häupter nach dem Abschlagen/Abschärfen erhitzt werden, um die darin enthaltenen Larven abzutöten, damit auch so die Weiterentwicklung unterbrochen wird.
Im 2. Lebensjahr der Rehe ist die Abwehrlage durch Verbesserung der Konstitution und einer stabilisierten Immunabwehr deutlich besser. Diese mehrjährigen Stücke zeigen kaum noch eine Beeinträchtigung. Das gilt sowohl für Ricken bei der Aufzucht ihrer Kitze als auch für mehrjährige Böcke, trotz durchaus zehrender Territorialkämpfe.
Selten kann ein sehr starker Rachendassel-Befall in Kombination mit anderen Infektionen und Parasiten zu schwerer Erkrankung mit Siechtum und in ganz seltenen Fällen auch zum Verenden des Rehs führen. Larven, die durch Fehlwanderung in Kehlkopf und Stimmritze gelangen, können zu lebensbedrohlicher Atemnot mit Erstickungsanfällen führen.
Erich Kaiser
3, vielleicht waren es auch 4 Rehe, musste ich in meiner gesamten Laufbahn als Berufsjäger wegen starkem Befall von Rachendasseln erlegen. Der Befall war so stark, dass die Rehe körperlich abgekommen waren und Schaum vorm Äser hatten. Wenn die Stücke aber im Wildbret nicht auffällig sind, ist das kein Abschussgrund. Mir ist auch noch nie ein Reh untergekommen, dass offensichtlich an Rachendasseln eingegangen ist.
Dr. Thomas Mengel
Der Fachtierarzt für Kleintiere (Hunde, Katzen, Heimtiere) ist seit 26 Jahren in seiner eigenen Kleintierpraxis tätig. Er wuchs in einer Jägerfamilie auf und hat bereits 40 Jahresjagdscheine gelöst. Seit Kindesbeinen an führte er Teckel, Vorsteh- und Apportierhunde. Zudem ist er Verbandsrichter für Dackel und Vorstehhunde. In Rheinland-Pfalz ist Dr. Mengel Landesobmann für Wildbrethygiene und Marketing. Außerdem Ausbilder und Prüfer von Jagdscheinanwärtern, und das seit über 25 Jahren mit dem Schwerpunkt Wildbiologie, -krankheiten und Wildbrethygiene. Zudem ist der Tierarzt Beisitzer in der Jagdkynologischen Vereinigung Rheinland-Pfalz.
1. Das Wildbret ist, wenn die Stücke keine bedenklichen Merkmale haben, aus wildbrethygienischer Sicht für den Verzehr geeignet.
2. Gezielte frühzeitige Entnahme von mit Rachendasseln befallenen Stücken mit deutlichen Symptomen der Schleuderkrankheit und geringem Wildbret führt zur Unterbrechung des Entwicklungszyklus und zum „Ausdünnen“ der Erkrankung.
3. Anpassen der Rehwilddichte durch starke Eingriffe bei schwachen Stücken in der Jugendklasse reduziert die Anfälligkeit, da hier die Hauptinfektionsgefahr besteht.
4. Erwachsene Stücke mit guter Konstitution erkranken ab dem 2. Lebensjahr kaum noch nennenswert aufgrund guter Abwehrlage.