Stoffwechsel auf Sparflamme

GroรŸe Kรคlte, viel Schnee, wenig Nahrung โ€“ unser Schalenwild besitzt weder  Vorratskammern noch Heizungen. Doch es hat andere Strategien, mit frostigen Wochen fertig zu werden.

Stoffwechsel
Foto: Stefan Meyers
Johanna Maria Hofmann

Unser wiederkรคuendes Schalenwild ist im Winterzwei Belastungen ausgesetzt: Zum einen macht ihm ein Nahrungs engpass mit schlechterer ร„sung zu schaffen. Zum anderen muss es mit einer groรŸen Kรคltebelastung klar kommen, die einen hรถheren Energieeinsatz fรผr die Wรคrmeproduktion nach sich zieht.

Energiesparen angesagt
Um es mit den winterlichen Herausforderungen aufzunehmen, haben Wildtiere im Laufe der Evolution vielfรคltige Anpassungsmechanismen entwickelt, wie beispielsweise Winterruhe und Winterschlaf. Wรผrden sie den Energieverbrauch nicht senken, kรถnnten sie den Winter kaum รผberleben. Ausgelรถst werden die SparmaรŸnahmen durch sogenannte โ€žphotoperiodische Signaleโ€œ, wie die Tageslรคnge, aber auch durch andere Faktoren, wie z.B. Verfรผgbarkeit und Qualitรคt der ร„sung. Diese leiten dann mit komplizierten hormonell gesteuerten Umbauvorgรคngen beispielsweise die Ausbildung der Winterdecke und die Senkung des Energieverbrauchs ein. Eine Studie der Arbeitsgruppe um Prof. Arnold (Forschungsinstitut fรผr Wildtierkunde und ร–kologie der Veterinรคrmedizinischen Universitรคt Wien) lieferte wichtige Erkenntnisse zur Anpassung des Energiehaushaltes an die Wintersituation beim Rotwild. So wurde mit Hilfe eines Senders neben der Herzschlagfrequenz, die den Energieumsatz widerspiegelt, auch die Kรถrpertemperatur im Unterhautfettgewebe gemessen. Daten zur Aktivitรคt des Wildes und zu Witterung und Nรคhrstoffgehalten der aufgenommenen ร„sung vervollstรคndigten die Studie. Die Auswertungen der Pulsraten zeigten, dass der Gesamtenergieverbrauch im Spรคtwinter auf etwa 40 Prozent des Jahreshรถchstwertes sank. Dies allein erklรคrte aber noch nicht den abnehmenden Energiebedarf.

Verborgener Winterschlaf
Ausschlaggebend ist auch, dass Rotwild, genau wie winterschlafende Arten, in der Lage ist, den Energieaufwand in Notzeiten fรผr die Wรคrmeregulation zu senken. Dann werden die รคuรŸeren Extremitรคten des Wildkรถrpers weniger durchblutet, Wรคrmeverluste an die Umgebung auf ein Minimum reduziert. Die Temperaturabsenkungen um bis zu 15ยฐ Celsius in der dem Kรถrperkern nah gelegenen Brustbeinregion treten รผberwiegend in (sehr) kalten Nรคchten und frรผhen Morgenstunden des Spรคtwinters auf. Dann treffen widrige Witterungsverhรคltnisse und zur Neige gehende Kรถrperfettreserven zusammen. Wรคhrend dieses โ€žverborgenen Winterschlafesโ€œ sind die Wildtiere vermutlich aufgrund ihrer klammen Lรคufe weniger aktiv. Bekannt ist, dass die Stoffwechselaktivitรคt von der Verdauungstรคtigkeit beeinflusst wird. Besonders bei Wiederkรคuern kann die โ€žVerdauungswรคrmeโ€œ zu einer erhรถhten Stoffwechselrate fรผhren. Dieser Energieaufwand unterliegt erheblichen jahreszeitlichen Schwankungen. So ist er am hรถchsten, wenn die geรคsten Pflanzen wรคhrend der Hauptvegetationszeit (Frรผhling und Frรผhsommer) am meisten EiweiรŸ und Fett enthalten. Zwar ist die rohfaserreiche ร„sung im Winter schwerer zu verdauen, aber dessen Aufschluss รผbernehmen bei Wiederkรคuern im Pansen befindliche Mikroorganismen. Das Wild muss hierfรผr keine zusรคtzliche Energie investieren.

Lรคngere Verdauung: Statt Klasse
setzt Rehwild im Winter auf Masse und Zeit. Foto: Michael Migos
Auf die Lรคnge kommt es an
Auch das naschhafte Rehwild, das vorwiegend im Sommer qualitativ hochwertiges Pflanzenmaterial รคst, zeigt รคhnliche Anpassungsstrategien im Winter: reduzierte Nahrungsaufnahme, Zunahme von rohfaserhaltiger ร„sung und erhรถhte Verweildauer des Pflanzenmaterials im Magen-/Darmtrakt Eine Untersuchung von Holand und Staaland an norwegischem Rehwild zeigte, dass der Pansen im Winter um 40 Prozent mehr gefรผllt war als im Sommer. Dies dient als Ausgleich fรผr die qualitativ schlechtere Winterรคsung. Im Vorfeld ermรถglicht der frรผhe Termin der Blattzeit dem Rehwild, wรคhrend des Herbstes genรผgend Fettdepots fรผr die kalte Jahreszeit anzulegen.

Jagdliche Zurรผckhaltung
Fรผr die jagdliche Praxis lassen sich zwei Schlรผsse ziehen:
1. Beunruhigungen wรคhrend der Winterzeit, besonders im Spรคtwinter, wirken sich drastisch auf das Wild aus, da sie die Anpassung des Wildkรถrpers an den Winter stรถren. Wegen der eingeschrรคnkten Fluchtfรคhigkeit wird Rotwild nรคmlich nur in die โ€žWinterstarreโ€œ gehen, wenn es sich sicher fรผhlt. Wildbiologen fordern seit Langem eine Begrenzung der Jagdzeit auf Rot- und Rehwild bis Ende Dezember, um zumindest die jagdliche Ruhe zu gewรคhrleisten. Auch indirekte Faktoren (Jagd auf andere Wildarten) und Freizeitaktivitรคten kรถnnen die Winterstrategie negativ beeintrรคchtigen.
2. Um den biologischen Anforderungen des Wildes gerecht zu werden, muss bei der Winterfรผtterung das Hauptaugenmerk auf eine artgerechte Futterauswahl gelegt werden. EiweiรŸ- und fettreiche Nahrung gaukelt dem Rotwild eine Sommersituation vor, die den durch die Nahrungsverdauung bedingten Energiebedarf steigen lรคsst. Wird er an der Fรผtterung nicht gedeckt, sind Verbiss- und Schรคlschรคden durch Schalenwild programmiert.

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