Mythos eierlegende Wollmilchsau?
Jüngeren Jägern fehlt manchmal das Geld, sich mit mehreren Waffen einzudecken. Viele Ältere raten deshalb zum Drilling als „Waffe für alles“. Ist das noch zeitgemäß? Nimm den guten, alten Drilling vom Franz. Der war auf allen Jagden dabei und immer zuverlässig. Da kannst du nichts falsch machen.“ Jungjäger Christian glaubt seinem Opa und kauft die Waffe für 1 000 Euro dem 86-jährigen Franz ab, der zur Jagd „Lebewohl“ gesagt hat. Der Sauer Drilling im Kaliber 7 x 57 R, 16er Schrot und 6 x 42-Zielglas von Zeiss wurde in den 1950er Jahren gebaut. Alle Trophäen im Jagdzimmer von Franz wurden damit erbeutet – vom Eichelhäher bis zum Hirsch. Doch ist die Waffe für Christian ebenso gut geeignet? Gibt es vielleicht andere Drillinge, die für heutige jagdliche Verhältnisse besser geeignet sind?
Einsatzspektrum Vor der Überlegung, welche Waffe man braucht, steht die Frage nach den jagdlichen Möglichkeiten. Bis zu den frühen 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts prägte Niederwild das deutsche Jägerleben. Eine Einladung auf Sauen war für Jungjäger eine besondere Ehre. Heute gilt es, auch bei Jungjägern, vor allem Schwarz- und Rehwild. Der Schrotschuss spielt gerade beim Ansitz eine untergeordnete Rolle. Flintenjagd ist deutlich zurückgegangen. Bezüglich der Schrotschussleistung steht der Drilling einer Flinte in nichts nach. Aber er ist durch den Kugellauf deutlich schwerer. Dadurch ist die Führigkeit und das Schwingen nicht mit einer Flinte zu vergleichen. Auch die Verschlussbelastung bei häufigen Schrotschüssen sollte man nicht unterschätzen. Beim Kauf eines gebrauchten Drillings daher das Verschluss-Spiel testen! Durch das fest verlötete Laufbündel kann bei mehreren, schnell hintereinander abgefeuerten Kugelschüssen die Treffpunktlage klettern. Bei freiliegenden Kugelläufen moderner Waffen tritt diese Schwierigkeit nicht mehr auf. In die Schrotläufe von Drillingen lässt sich ein Einstecklauf einbauen. Beim rechten Lauf kann beim Umschalten auf Schrot der Stecher genutzt werden. Dadurch stehen große Kugel, kleine Kugel und Schrot zur Verfügung. Wird ein zweiter Schuss mit großer Kugel benötigt, gilt es, rasch nachzuladen. Repetieren geht schneller, ist jedoch wesentlich lauter.
Drillings-Vielfalt Außer dem altbekannten Drilling mit großer Kugel und zwei Schrotläufen gibt es einige weitere Kombinationen. Viele davon sind für die heutige Revierpraxis deutlich besser geeignet. Beispielsweise der Doppelbüchsdrilling. Er hat zwei große Kugeln und einen Schrotlauf darunter oder darüber. Ideal für Drückjagden, wenn auch ein Winterfuchs balgschonend oder der berühmte Weihnachtshase erlegt werden soll. Auch für den Ansitz in Hochwildrevieren eine ideale Waffe. Der Büchsflintendrilling ist „inhaltlich“ identisch, allerdings ist das Laufbündel anders angeordnet. Eine weitere Kugel, und damit drei Einzelgeschosse, bietet der Kugeldrilling. Eine spezielle Waffe, die mit drei hochwildtauglichen Kalibern vor allem bei Drückjagden verwendet wird. Vor dem Erwerb einer solchen „Büchsenbatterie“ sollte aber überlegt werden, ob ein Repetierer nicht die bessere und günstigere Lösung wäre. Bei Auswahl von zwei oder drei verschiedenen Kalibern (große Kugel, kleine Kugel) ist der Kugeldrilling die ideale Ansitzwaffe für Dubletten und Winterfüchse. Interessant für den Ansitz ist auch die Kombination mit großer Kugel, kleiner Kugel und Schrot. Diese Waffe ist entweder ein Drilling mit Einstecklauf (gebraucht vergleichsweise günstig) oder ein Bockdrilling. Hier dient die kleine Kugel für den weit entfernten Fuchs oder, abhängig vom Kaliber, auch für Rehwild. Wird ein Einstecklauf montiert, ist die Waffe deutlich schwerer als ein Bockdrilling. Vorsicht: Nicht jeder Verschluss ist für rasante Kaliber wie die .223 Remington mit hohem Gasdruck dauerhaft geeignet. Ein kurzer Einstecklauf im Kaliber .22 Magnum ist hingegen immer möglich, Kaliber und Lauflänge begrenzen sein Einsatzspektrum allerdings.
Kugeldrilling
Einer für alles? Ältere Flinten und Repetierbüchsen sind ebenso wie Drillinge sehr oft gut und günstig auf dem Gebrauchtwaffenmarkt zu haben. Egal ob Büchse oder Drilling: Entscheidend ist die Zieloptik, denn was nutzt die beste Waffe, wenn man das Wild nicht sauber ins Absehen bekommt? Unterm Strich ist der Jungjäger mit Flinte und Repetierbüchse besser für die heutigen Wildverhältnisse ausgerüstet als mit einem Drilling. Preislich sind beide Varianten auf ähnlichem Niveau. 2x Schrot und 1x Kugel in einem Gewehr macht heutzutage jedoch nur noch Sinn, wenn der Drilling die einzige Waffe ist und auch intensiv auf Niederwild genutzt wird. Sonst ist 2x Kugel, 1x Schrot oder 3x Kugel das Mittel der Wahl. Für Treibjagden sind Flinten ideal, für Drückjagden Repetierer und Doppelbüchsen, für Ansitze Kombinierte. In welcher Kombination Schrot, große und kleine Kugeln gewählt werden, hängt davon ab, ob man den Fuchsbalg nutzen möchte, wie die Revierverhältnisse sind und ob die Kombinierte als reine Universalwaffe oder Ergänzung zu anderen Waffen genutzt wird. Fazit: Der klassische Drilling ist mit Einstecklauf eine prima Ansitzwaffe.