Süße Versuchung Wildobst: Obstbäume bereichern nicht nur das Landschaftbild. Sie verbessern auch das Äsungsangebot für das Schalenwild. Jörg Rahn weiß, welche Sorten in Ihr Revier passen und was Sie beim Pflanzen beachten sollten.
„Siehst Du, hat der Hubert doch recht gehabt“, raunte der Revierpächter seinem Jagdgast zu. Hubert war Berufsjäger in dem Rotwildrevier, in dem Mitte November die Brunft allmählich ausklang. Als erste „Amtshandlung“ hatte Hubert nämlich vor zehn Jahren für fast 5 000 Mark Obstbäume in seinem neuen Revier gepflanzt. Diese trugen jetzt Früchte – im wahrsten Sinne des Wortes. „Haste Äpfel, haste Hirsche“, war das Argument, mit dem der Mann in der grauen Uniform seinen Arbeitgeber von der Aktion überzeugte. Nun stand ein abgebrunfteter Kronenhirsch unter dem Apfelbaum am Rand der Wildwiese und wartete darauf, dass ihm eine der vollreifen Früchte vor die Läufe fiel. Deshalb sollten einige Wildobst-Bäume im Revier nicht fehlen. Bevor ein Jagdpächter sich Gedanken über die Pflanzung macht, muss er sich jedoch die Einwilligung des Grundeigentümers einholen. Es spielt dabei keine Rolle, ob im Wald, an Wegen oder Wildwiesen gepflanzt werden soll.
Fürs WILD
Obstbäume dienen dem Wild und der übrigen Tierwelt in unserer Kulturlandschaft auf vielfältige Art und Weise. Sie liefern das begehrte Prossholz in winterlicher Notzeit. Außerdem bevorzugen viele seltenen Arten, wie Steinkauz, Wiedehopf, Haselmaus, Pirol, Wendehals und Fledermäuse, die Höhlen alter Obstbäume als Brutstätten. Die Gehölze sind bei vielen anderen Vögeln, Insekten und natürlich unserem heimischen Wild ein heiß begehrter Nahrungslieferant. Ihr ökologischer Stellenwert ist unschätzbar. Grund genug, Obstbäume bei unseren Hegebemühungen und Pflanzaktionen im Revier zu berücksichtigen.
Wildobst in der Vergangenheit
Früher prägten Obstbäume das Gesicht der dörflichen Gemeinden. Als Hochstämme gepflanzt, bildeten sie charakteristische Einzelbäume auf Äsungsflächen, an Feldwegen, Straßen, Rainen, Böschungen und Gräben. Auf Streuobstwiesen wurden Früchte erzeugt und gleichzeitig das Grünland bewirtschaftet. In manchen Regionen züchtete man über Jahrhunderte mehr als tausend verschiedene Obstsorten. Die Früchte des einen Baumes eigneten sich zum Einkellern, die anderen waren besonders saftig und perfekt für das Mosten. Die alten Wildobst-Sorten sind in der Regel auch pflegeleichter und robuster als moderne Leistungsbäume.
Subventionen für Streuobstwiesen
Heutzutage werden viele Streuobstwiesen weder gepflegt noch genutzt. Immer mehr alte knorrige Obstbäume sterben ab, werden aber nicht durch junge Pflanzen ersetzt. So verschwindet das Wildobst langsam aus dem Landschaftsbild. Aus diesem Grund sind der Erhalt und die Neupflanzung ein besonderes Anliegen des Naturschutzes. Aus zahlreichen Fördertöpfen fließen Beihilfen in Streuobstwiesen-Programme. Viele Gemeinden, Landkreise und Städte sowie Ortsgruppen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und auch zahlreiche der 250 Gruppen im Naturschutzbund Deutschland (NABU) fördern die Neuanlage und Pflege von Obstbäumen. Eine Nachfrage bei den betreffenden Stellen kann die Revierkasse entlasten.
Förderungsfähig sind in der Regel:
1. Neu- und Nachpflanzungen einzelner hochstämmiger Obstbäume
(oft nur alte Sorten)
2. Anlage und Pflege neuer Streuobstwiesen
3. Pflege bestehender Streuobstwiesen
Förderungsberechtigt sind in der Regel:
1. Grundstückseigentümer
2. Mieter und Pächter
3. Vereine, die sich gegenüber dem Eigentümer vertraglich verpflichten, Streuobstwiesen neu anzulegen, zu erhalten und zu pflegen
Beim Kauf sind die Hochstämme etwa 160 Zentimeter groß. Es handelt sich um langlebige Gehölze, die ein Alter von 50 bis 100 Jahren erreichen. Der Ertrag beginnt ab dem siebten bis zwölften Standjahr. Natürlich lassen sich niedrigere Bäume leichter beernten und pflegen (Obstbaumschnitt). Allerdings kann auch das Wild einfacher und länger Knospen und Rinde äsen. Gerade in Rotwildrevieren sollte der Pächter deshalb Hochstämme bevorzugen. Sie haben einen Wuchsvorsprung, werden deshalb nicht so lange verbissen und müssen weniger geschützt werden.
Den Spaten schultern und ab ins Revier
Wie alle Obstbäume verträgt auch der Weiße Klarapfel keine Staunässe und mag auch keine schnell austrocknenden Böden (Sandböden).
Im letzten Fall gehört reichlich Humuserde in das großzügig bemessene Pflanzloch. Gepflanzt wird mit einem normalen Gartenspaten. Das Pflanzloch sollte einen Durchmesser von etwa 80 Zentimetern und eine Tiefe von rund 50 Zentimetern haben. Ist der Boden im unteren Bereich des Pflanzloches stark verdichtet, lohnt sich eine Auflockerung der Erde. Die Wurzeln des Baumes können sich so besser entwickeln.
Der Pflanzabstand bei Hochstämmen darf acht Meter nicht unterschreiten. Der Abstand zum Wald oder einer Hecke sollte mindestens zwanzig Meter betragen. Nur wenn das Geäst des Baumes sich frei entwickeln kann und von keiner Seite beschattet oder bedrängt wird, ententwickelt sich eine ausgeprägte Krone, die viele Früchte trägt.
Vor dem eigentlichen Pflanzen ist ein Wurzelschnitt notwendig, bei dem gequetschte, beschädigte und einzelne dickere oder überlange Wurzeln eingekürzt werden. Das kann mit dem Beil oder einer Rosenschere geschehen. Beim eigentlichen Pflanzen ist darauf zu achten, dass sich die Veredelungsstelle etwa eine Handbreit über dem Boden befindet.
Zwei im Abstand von rund 40 Zentimetern vom Baum eingeschlagene Pfähle dienen als Schutz vor Windbruch. Um das Stämmchen zu befestigen, werden Gurte oder sogenanntes Kokosband genutzt. Sie halten ihn in der Mitte, und der frischgepflanzte und noch nicht verwurzelte Baum ist bei Stürmen gesichert.
Eine zusätzliche Drahthose verhindert Wildverbiss. Welcher Draht dazu verwendet wird, richtet sich nach den vorkommenden Wildarten. Bei Rotwild kann man den Drahttyp AS 200/17/15 M oder S, bei Rehwild und Hase den Typ AS 160/23/15 L verwenden. Ein günstiger Pflanzzeitpunkt ist der Monat Oktober. Bei offenem Wetter kann bis in den Februar hinein gepflanzt werden. Topfware mit einem Erdballen lässt sich das ganze Jahr über pflanzen.
Aus Trester Pflanzgut gewinnen
Wer auf die Sortenreinheit weniger Wert legt, dafür aber viel und günstiges Pflanzgut haben möchte, dem sei Apfeltrester empfohlen. Er ist bei den Mostereien erhältlich. Wichtig ist, dass dieses „Saatgut“ frisch ist. Im Herbst wird der Trester in ein vorbereitetes Saatbeet geschüttet, und mit einer Fräse eingearbeitet. Ab dem März des Folgejahres schieben sich die kleinen Apfelschösslinge aus der Erde. Sie können bereits im Herbst einen Meter hoch wachsen und dann im Revier verwendet werden. Entscheidet sich der Heger, lieber Hochstämme zu verpflanzen, sollten die Bäumchen in einem neuen Beet verschult werden. Dieses Vorgehen ist auch mit der Kirsch-Maische von Brennereien möglich. Im Feldrevier können mit dieser Methode sogar ganze Hecken aus Holunder-, Obst-, Schlehen oder Vogelbeeren emporwachsen.