Ich würde euch in diesem Blogartikel gerne den Werdegang meines neuen Beizvogels, einem Schakalbussard, erläutern. Vom Küken zum fertigen Beizvogel ist es ein langer Weg und ich werde versuchen, diesen anschaulich und Schritt für Schritt darzulegen.
Tagsüber ging es in den Garten, da Sonnenschein wichtig für eine gesunde Knochenbildung ist.
Ohne lebenswichtiges Vitamin D in der Wachstumsphase kommt es sehr schnell zu irreparablen Fehlbildungen, z.B. Rachitis. Draußen war es jedoch wichtig darauf zu achten, dass der Vogel nicht auskühlt.
So vergingen die ersten Wochen. Das Training bestand in der Zeit tatsächlich primär darin, dem Vogel schon viele Dinge zu zeigen, z.B. andere Vögel, Hunde, fremde Menschen, Autofahren.
Nun begann ich allmählich damit, Elises Futterrationen etwas umzugewichten, sodass die mittägliche Fütterung immer weniger wurde, bis ich schließlich bei zweimal täglichem Füttern angelangt war. Auch sogenannte gewöllebildende Stoffe, im Falle der Eintagsküken ist das der Federflaum, ließ ich nach und nach vermehrt an den jetzt auch immer größer werdenden Fleischstückchen dran. Gewöllebildung dient der Reinigung der Nahrungswege und ist bei Greifvögeln und Eulen sehr ausgeprägt, da Beutetiere komplett, also mit Fell, Federn und Knochen verzehrt werden. Unverdauliche Bestandteile, bei Greifvögeln sind das Fell und Federn, werden nach einiger Zeit als länglicher Speiballen wieder hoch- und ausgewürgt. Bei Eulen enthält dieser in der Regel aufgrund schwächerer Magensäure zudem noch Knochen.
Mit knapp 8 Wochen waren wir nun bei einmal täglichem Füttern angelangt und Elise war soweit, in ihre eigentliche Voliere nach draußen zu ziehen. Futter gab es nun nicht mehr kleingeschnitten, sondern am Stück und auch nur aus dem Handschuh, auf den sie breitwillig kletterte, um sich das Futter dort selbst klein zu reißen. So findet die erste positive Prägung auf den Handschuh statt: Der Vogel lernt, dass es im Lederhandschuh immer Futter für ihn gibt. Eine simple positive Verknüpfung.
Mit 9 Wochen habe ich sie das erste Mal auf dem Handschuh aus der Voliere getragen. Sie stand etwas wackelig, doch lernte schnell, ihr Gewicht auszugleichen. Natürlich ist hierbei die rechte Hand (denn der Vogel steht immer auf dem Handschuh der linken Hand), ständig erhoben und in der Nähe des Vogelkörpers, um dem Vogel beim Fallen zu helfen, sofern er Hilfe benötigt. Auch in diesem Alter sollte noch kein Druck auf die Gelenke ausgeübt werden.
Mit 10 Wochen habe ich langsam damit begonnen, den Vogel auf seine späteren Sitzmöglichkeiten, Sprenkel und Block, zu setzen. Ein Sprenkel ist ein Rundbogen, der mit geeignetem Material für einen festen Stand umwickelt ist. Ein Block stellt eine runde scheibenartige Sitzmöglichkeit dar. Beide Sitzmöglichkeiten dienen lediglich der kurzweiligen Unterbringung des Beizvogels, z.B. vor dem Training, während des Reinigens der Voliere oder während einer öffentlichen Präsentation.
Ebenfalls begonnen habe ich nun mit dem „Flugtraining“, wobei man hier schwerlich von Fliegen sprechen kann. Ich habe damit begonnen, Elise an ihrer Langfessel, das ist ein circa 1,5m langes Seil, welches dem Sichern des Vogels an Handschuh oder Sitzmöglichkeit dient, von einem T-Stück auf meinen Handschuh springen zu lassen. Dort gab es dann natürlich wieder so viel Futter, wie sie fressen wollte. Jeden Tag habe ich nun die Distanz ein wenig verlängert, bis sie schon auf circa 15m beigeritten (so nenn man das Fliegen zum Handschuh) kam. Auch die Anzahl der Durchgänge habe ich allmählich erhöht. Es gab dann anfangs nur kleine Futterstücke, zum Schluss jedoch immer die volle Futterration.
Durch das tägliche Flugtraining, welches man nun tatsächlich auch als Fliegen bezeichnen kann, beginnt der Vogel Muskeln aufzubauen. Diese sind das A und O für einen späteren erfolgreichen Beizvogel. Ohne starke Muskulatur hat der Vogel keine Chance gegenüber der flüchtenden und Haken schlagenden Beute. Durch den Muskelaufbau legt der Vogel natürlich nochmals an Gewicht zu.
Nachdem Elise so nun einige Zeit von mir trainiert wurde und immer bessere, sicherere Flüge zum
Handschuh zeigte (zu Beginn sind die Starts und Landungen noch sehr unbeholfen und wackelig, Fliegen will gelernt sein), bin ich dazu übergegangen, sie nicht mehr in meiner Anlage, sondern draußen im Revier fliegen zu lassen. Auch die sogenannte Flugschnur, die sich während der ersten paar Tage zur Sicherheit noch am Vogel befindet, konnte ich nun problemlos weglassen. Ersetzt wurde sie durch einen Radiotelemetriesender, welchen ich an ihren Ledermanschetten einhaken kann.
Zum Flugtraining gesellt sich nun das Training auf den Balg. Hierbei wird der Balg mit Atzung (Futter) bestückt und dem Greifvogel angeboten. Sofort springt er auf den Balg und kröpft (frisst). Auch hier findet dadurch eine rein positive Verknüpfung auf das spätere Beutetier (in diesem Fall Kaninchen) statt. Der Balg lässt sich beliebig durch Krähen- oder Fasanenschwingen oder andere Beutetiere austauschen.
So sind nun die ersten Schritte in Richtung Beizvogel getan. Das Vertrauen zum Falkner als
Bezugsperson wurde von Anfang an aufgebaut. Wichtig ist es, dieses Vertrauen niemals zu verletzen.
Negative Verknüpfungen durch schlechte Erfahrungen können das Verhältnis eines Vogels zu einem Menschen bzw. Menschen im Allgemeinen dauerhaft zerstören. Daher arbeitet der Falkner niemals mit negativen Werten wie Strafe o.Ä. sondern immer nur mit positiven Reizen.
Bis zum allerersten Beizflug wird es allerdings noch etwas dauern, zum einen muss Elise noch viel lernen, der Balg wird später nicht mehr nur daliegen, sondern sich bewegen und sich sogar wehren, zum Anderen beginnt die Saison erst mit der Jagdzeit auf Kaninchen, also im Oktober. Bis dahin ist also noch eine Menge Zeit zum Trainieren und Üben.