Fest im Fang

Eine hรคufige Klippe in der Jagdhund-Ausbildung ist der Apport. Revierjagdmeister Sascha Schmitt zeigt, wie er mit Retriever โ€žBellaโ€œ und Drahthaar โ€žGrimmโ€œ diese ยญHรผrde nimmt.

Bevor mit der eigentlichen Apportยญausbildung begonnen werden kann, muss hierfรผr erst einmal eine solide Basis im Gehorsam geschaffen werden. Insbesondere das Hereinkommen auf Ruf, Pfiff und Handzeichen wurde mit beiden Hunden aufs Genaueste einstudiert. Dazu gehรถrt nicht nur, dass der Vierlรคufer auf ยญKommando zusteht, sondern vor allem, dass er sich korrekt vor den Abrichter setzt und ihn anschaut. Immer wieder sieht man in Hundefรผhrerkursen Vierยญlรคufer, die ihrem Herrn auf die FรผรŸe starren oder an ihm vorbeiblicken โ€“ ein ยญklares Zeichen von Unkonzentriertheit und Desinteresse.

Damit der Hund mich ansieht, halte ich stets ein Leckerli in der Hand, die das Sichtzeichen โ€žSitzโ€œ gibt. Der Vierlรคufer hat dies schnell erkannt, setzt sich vor und achtet auf die Hand. So muss er verharren, bis ihn der Befehl โ€žFuรŸโ€œ dazu veranlasst, sich an die linke Seite zu setzen und auf neue Anweisungen zu warten. Erst dann erhรคlt er seine Belohnung.
Dieses โ€žSitz bei FuรŸโ€œ ist die Ausgangsposition fรผr nahezu jegliche Handlung, die man vom Hund abrufen mรถchte. Die gerade beschriebenen Ablรคufe mรผssen so fest verankert sein, dass es wirklich ยญkeinerlei Korrekturen durch den Abrichter mehr bedarf, bevor die Apportausbildung erfolgt. Spannungen durch mangelnden Gehorsam kรถnnten sich negativ auf die Bringleistung auswirken. Stรคndige Korrekturen hemmen รผberdies den Vierlรคufer in seinem Lernprozess und verunยญsichern ihn.

Zeigen sich bei den beschriebenen Ausbildungsschritten Schwรคchen oder Mรคngel, ist die Feldleine das beste Hilfsmittel, um den Hund auch auf Distanz korrigieren und steuern zu kรถnnen. Mit ihr lรคsst er sich herandirigieren und auch in eine saubere Sitzposition bringen. Grundsรคtzlich sei dazu noch bemerkt, dass der Vierlรคufer wรคhrend der kompletten Grunddressur im Apport immer anยญgeleint ist. Je nach Aufgabe an der kurzen Fรผhr- oder an der langen Feldleine. Niemals darf er sich der Einwirkung durch den Abrichter entziehen kรถnnen.

Nur der zuverlรคssig apportierende Vierlรคufer versetzt uns Jรคger in die Lage, angeschweiรŸtes Niederwild zur Strecke zu bringen und somit tierschutzkonform mit der Flinte zu jagen. Zuverlรคssig heiรŸt, dass sich der Hund weder durch Umwelteinflรผsse, wie kaltes Wasser oder Dornen, noch durch eigene Erschรถpfung oder Unlust von seiner Arbeit abhalten lรคsst. Bei den von mir geleiteten Niederwildjagden, mit zum Teil weit รผber 200 Stรผck Wild, ist es fรผr die eingesetzten Hunde spรคtestens nach dem ersten Treiben keine reine Freude mehr, die x-te Ente aus tiefem Schilfwasser oder auch den letzten kranken Hasen nach langer Wundhetze รผber einen Sturzacker zu bringen. Neben der Passion und Arbeitsfreude braucht es dafรผr in erster Linie eine grรผndliche Apportausbildung, damit der Vierlรคufer einen ganzen Jagdtag รผber brauchbare Leistungen erbringt. Der Hund muss letztendlich wissen, dass er bringen muss. Und zwar ohne Ausnahme! Wer eine derartige Zuverlรคssigkeit nur durch lustยญbetonte, oberflรคchliche Ausbildung erreichen mรถchte, wird schnell scheitern. Der Verlierer ist zweifellos das kranke Wild, das irgendwo elend verludert.

Um dem Vierlรคufer also das nรถtige Rรผstzeug fรผr die raue, jagdliche Praxis zu vermitteln, bedarf es einer absolut peniblen Dressur in den Bringfรคchern, die leider nicht ohne einen gewissen Zwang auskommt. Mit einer durchdachten Vorbereitung lรคsst sich der Faktor โ€žZwangโ€œ aber sehr รผberschaubar halten.

Sowohl Retriever-Hรผndin โ€žBellaโ€œ als auch Drahthaar โ€žGrimmโ€œ durchlaufen zurzeit dieses Prozedere, das sich bei meinen vorherigen Hunden bestens bewรคhrt hat. Schon jetzt kann ich sagen, dass ich besonders von โ€žBellasโ€œ Mitarbeit und Lernverhalten hoch erfreut bin. Grundsรคtzlich zeigt sich jeder Vierlรคufer in der Abrichtung anders. Diesem Umstand muss der Ausbilder Rechnung tragen, wenn er gemeinsam mit seinem Hund erfolgreich sein mรถchte. Gerade die Konzentrationsfรคhigkeit ist oft ein limitierender Faktor. Merke ich, dass โ€žGrimmโ€œ sich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren kann, bringe ich die angefangene Lektion zu einem schnellen Ende, lockere den Vierlรคufer durch ein kleines Spiel auf und belasse die Arbeit fรผr den Moment. Wenn man zwei so charakterlich verschiedene Hunde gleichzeitig abrichtet, darf man beide nicht รผber einen Kamm scheren. Vielmehr muss automatisch die Vorgehensweise individuell angepasst werden.

Zu Beginn haben die beiden erlernt, auf Befehl einen Fremdkรถrper in ihrem Fang zu dulden. Dazu dient bei den ersten รœbungen einfach meine Hand. Sie ist ihnen vertraut und es fรคllt ihnen so leichter, sie zu tolerieren. Ich lasse die Hunde setzen, wรคhrend ich mich zu ihnen herabbeuge. Die linke Hand fasst in die Halsung und hรคlt sachte den Kopf des Hundes fest. Auf den einmaligen Befehl โ€žApportโ€œ schiebe ich meine rechte Hand in den Fang des Vierlรคufers. Dabei lege ich sie ihm so hinein, dass der Daumen den Unterkiefer hรคlt. Zu Beginn wird der Hund versuchen, die Hand auszuspucken. So war es zumindest bei โ€žGrimmโ€œ. Ein mahnend gesprochenes โ€žFesthaltenโ€œ forderte ihn zur Ruhe auf. Im Nu behielt er die Hand im Fang, wofรผr er sofort gelobt und abgeliebelt wurde. Auf den Befehl โ€žAusโ€œ wird die Hand aus dem Fang genommen und der Zรถgling gelobt. Bei diesen ersten รœbungen kommt es nicht darauf an, dass der Hund die Hand lange hรคlt, sondern, dass er sie ruhig im Fang duldet.

Nach einigen Tagen folgt die nรคchste Stufe, bei der ich mir einen Lederhandschuh รผber die Hand ziehe. Der Vierlรคufer lernt nun, diesen zu akzeptieren. Jegliches Knautschen und Kauen muss jetzt unverzรผglich abgestellt werden. Stets wird mit den beiden Kommandos โ€žApportโ€œ und โ€žAusโ€œ gearbeitet. Als nรคchstes bekommt der Hund nur noch den Handschuh, den er so lange im Fang halten muss, bis das Kommando โ€žAusโ€œ ertรถnt. Nun wird damit begonnen, dass der Vierlรคufer den Handschuh tragen soll. Dazu bleibt er an der Fรผhrleine und muss mit dem Bringgegenstand seinem Herrn folgen. Lรคsst er ihn fallen, bekommt er ihn blitzschnell wieder mit dem deutlichen Befehl โ€žApportโ€œ zurรผck in den Fang. Dabei soll keinesfalls barsch oder gar grob vorgegangen werden, um den Vierlรคufer nicht einzuschรผchtern. Steht der Hund unter Stress, fรคllt jeglicher Lernerfolg geringer aus oder bleibt sogar auf der Strecke. Angst und Unsicherheit machen ein Lernen fรผr den Hund geradezu unmรถglich. Gerade โ€žGrimmโ€œ reagiert auf Zurechtweisungen viel deutlicher als die Retrieverhรผndin โ€žBellaโ€œ. Wรคhrend โ€žBellaโ€œ manchmal recht deutliche Worte braucht, um sich wieder zu disziplinieren, ist der raubรคrtige โ€žGrimmโ€œ eher ein Hund der leisen Tรถne. Er spricht schon auf ein leichtes Anheben der Stimme an. Dies ist bei dem selbstbewussten Allrounder mit Sicherheit kein Zeichen von รผbertriebener Sensibilitรคt, sondern lediglich ein Ausdruck seiner Prรคgung auf seinen Herrn.
Hรคlt der Hund den Handschuh zuverlรคssig und trรคgt ihn auch รผber weitere Distanzen, wird ein neuer Apportiergegenstand benutzt. Dazu wird der Handschuh um den Mittelsteg eines Holzapportels gewickelt. Diese Bringhรถlzer sind perfekt, weil sie den Hund zum korrekten mittigen Griff zwingen, was Voraussetzung fรผr das saubere Bringen ist. Durch das Umwickeln mit dem Handschuh wird dem Vierlรคufer die Umstellung auf den neuen Bringgegenstand deutlich vereinfacht. Auch jetzt bekommt er das Apportel noch in den Fang gegeben, und er muss es so lange halten, bis das Kommando โ€žAusโ€œ erfolgt. Schritt fรผr Schritt wird die Zeitspanne ausgedehnt, und er muss es nun auch รผber lรคngere Distanzen tragen. Wichtig ist immer, dass es ihm sofort wieder in den Fang gegeben wird, sobald er es fallen gelassen hat. Die bis jetzt beschriebene Ausbildung muss extrem penibel vorgenommen werden. Jede noch so geringe Ungenauigkeit gefรคhrdet den Lernยญerfolg. โ€žBellaโ€œ zeigte sich besonders eifrig und trug das Bringholz freudig. Sie lieรŸ es tatsรคchlich nicht ein einziges Mal fallen, wรคhrend der ungestรผme โ€žGrimmโ€œ doch hรคufiger korrigiert werden musste, bis er absolut sicher wurde.

Erst wenn die vorgenannten รœbungen reibungslos funktionieren, beginnt die Phase des sogenannten Zwanges. Das bedeutet nicht Zwangsapport im klassischen Sinne. Dem Hund werden keine Behรคnge umgedreht, und er wird auch nicht sonstwie kรถrperlich bestraft! Zwang bedeutet lediglich, dass der Hund seinen Willen, das Apportel nicht aufnehmen oder fallen lassen zu wollen, dem Willen seines Fรผhrers unterzuordnen hat. Der Hundeยญausbilder muss dem Vierlรคufer klarยญmachen, dass er das zu tun hat, was er von ihm will. Er muss ihn quasi dazu zwingen. Steht ein Hund allgemein sehr gut im Gehorsam, ist wenig โ€žZwangโ€œ nรถtig.

Bis jetzt haben โ€žBellaโ€œ und โ€žGrimmโ€œ lediglich gelernt, einen Gegenstand in ihrem Fang zu dulden und so lange zu tragen, bis der โ€žAusโ€œ-Befehl gegeben wird. Jetzt sollen sie lernen, dass sie auf Befehl den Gegenstand ergreifen und anschlieรŸend halten. Bei richtiger, schrittweiser Vorbereitung ist diese Phase des โ€žZwangesโ€œ sehr kurz. Bei โ€žBellaโ€œ und โ€žGrimmโ€œ ยญbedurfte es vier knapper Einheiten, und beide Hunde nahmen den vorgehaltenen Bock aus der Hand.

Bei dieser Vorgehensweise ist es unglaublich wichtig, dass die unangenehme Einwirkung (z. B. leichtes Zuhalten des Fanges) sofort aufhรถrt, wenn der Vierlรคufer den Bringgegenstand merklich im Fang hรคlt. Dann muss auch sofort schon gelobt werden. Dieses blitzschnelle Umschalten von Zwang auf Lob ist essentiell fรผr den Erfolg der Ausbildung. Ebenso wichtig ist, dass die Intensitรคt des Zwanges dem Naturell des Vierlรคufers angepasst ist.

Nachdem โ€žBellaโ€œ und โ€žGrimmโ€œ diese sehr kurze Phase durchlaufen haben, sollen sie das Ergreifen des Apportels รผben. Dabei geht es nicht darum, dass der Vierlรคufer es lange halten soll, sondern dass das Zufassen geradezu ein Reflex wird. Dazu lasse ich den Hund neben mir sitzen, halte aber noch das Apportierholz hinter dem Rรผcken. Zeitgleich mit dem Befehl โ€žApportโ€œ halte ich es dem Hund vor den Fang, sodass er es greifen kann. Dann lasse ich es ihn nur kurz halten, auf โ€žAusโ€œ sauber ausgeben und lobe ihn krรคftig. Das wird so lange wiederholt, bis der Hund schon beim Anblick des Apportels den Fang รถffnet. Parallel dazu wird der Gegenstand immer ein Stรผck tiefer gehalten, damit sich der Hund regelrecht danach bรผcken muss.

Im nรคchsten Schritt sollen โ€žBellaโ€œ und โ€žGrimmโ€œ lernen, das Apportel selbststรคndig vom Boden aufzunehmen. Wie das funktioniert, erfahren Sie in der nรคchsten Folge.

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