Eine hรคufige Klippe in der Jagdhund-Ausbildung ist der Apport. Revierjagdmeister Sascha Schmitt zeigt, wie er mit Retriever โBellaโ und Drahthaar โGrimmโ diese ยญHรผrde nimmt.
Damit der Hund mich ansieht, halte ich stets ein Leckerli in der Hand, die das Sichtzeichen โSitzโ gibt. Der Vierlรคufer hat dies schnell erkannt, setzt sich vor und achtet auf die Hand. So muss er verharren, bis ihn der Befehl โFuรโ dazu veranlasst, sich an die linke Seite zu setzen und auf neue Anweisungen zu warten. Erst dann erhรคlt er seine Belohnung.
Dieses โSitz bei Fuรโ ist die Ausgangsposition fรผr nahezu jegliche Handlung, die man vom Hund abrufen mรถchte. Die gerade beschriebenen Ablรคufe mรผssen so fest verankert sein, dass es wirklich ยญkeinerlei Korrekturen durch den Abrichter mehr bedarf, bevor die Apportausbildung erfolgt. Spannungen durch mangelnden Gehorsam kรถnnten sich negativ auf die Bringleistung auswirken. Stรคndige Korrekturen hemmen รผberdies den Vierlรคufer in seinem Lernprozess und verunยญsichern ihn.
Nur der zuverlรคssig apportierende Vierlรคufer versetzt uns Jรคger in die Lage, angeschweiรtes Niederwild zur Strecke zu bringen und somit tierschutzkonform mit der Flinte zu jagen. Zuverlรคssig heiรt, dass sich der Hund weder durch Umwelteinflรผsse, wie kaltes Wasser oder Dornen, noch durch eigene Erschรถpfung oder Unlust von seiner Arbeit abhalten lรคsst. Bei den von mir geleiteten Niederwildjagden, mit zum Teil weit รผber 200 Stรผck Wild, ist es fรผr die eingesetzten Hunde spรคtestens nach dem ersten Treiben keine reine Freude mehr, die x-te Ente aus tiefem Schilfwasser oder auch den letzten kranken Hasen nach langer Wundhetze รผber einen Sturzacker zu bringen. Neben der Passion und Arbeitsfreude braucht es dafรผr in erster Linie eine grรผndliche Apportausbildung, damit der Vierlรคufer einen ganzen Jagdtag รผber brauchbare Leistungen erbringt. Der Hund muss letztendlich wissen, dass er bringen muss. Und zwar ohne Ausnahme! Wer eine derartige Zuverlรคssigkeit nur durch lustยญbetonte, oberflรคchliche Ausbildung erreichen mรถchte, wird schnell scheitern. Der Verlierer ist zweifellos das kranke Wild, das irgendwo elend verludert.
Sowohl Retriever-Hรผndin โBellaโ als auch Drahthaar โGrimmโ durchlaufen zurzeit dieses Prozedere, das sich bei meinen vorherigen Hunden bestens bewรคhrt hat. Schon jetzt kann ich sagen, dass ich besonders von โBellasโ Mitarbeit und Lernverhalten hoch erfreut bin. Grundsรคtzlich zeigt sich jeder Vierlรคufer in der Abrichtung anders. Diesem Umstand muss der Ausbilder Rechnung tragen, wenn er gemeinsam mit seinem Hund erfolgreich sein mรถchte. Gerade die Konzentrationsfรคhigkeit ist oft ein limitierender Faktor. Merke ich, dass โGrimmโ sich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren kann, bringe ich die angefangene Lektion zu einem schnellen Ende, lockere den Vierlรคufer durch ein kleines Spiel auf und belasse die Arbeit fรผr den Moment. Wenn man zwei so charakterlich verschiedene Hunde gleichzeitig abrichtet, darf man beide nicht รผber einen Kamm scheren. Vielmehr muss automatisch die Vorgehensweise individuell angepasst werden.
Zu Beginn haben die beiden erlernt, auf Befehl einen Fremdkรถrper in ihrem Fang zu dulden. Dazu dient bei den ersten รbungen einfach meine Hand. Sie ist ihnen vertraut und es fรคllt ihnen so leichter, sie zu tolerieren. Ich lasse die Hunde setzen, wรคhrend ich mich zu ihnen herabbeuge. Die linke Hand fasst in die Halsung und hรคlt sachte den Kopf des Hundes fest. Auf den einmaligen Befehl โApportโ schiebe ich meine rechte Hand in den Fang des Vierlรคufers. Dabei lege ich sie ihm so hinein, dass der Daumen den Unterkiefer hรคlt. Zu Beginn wird der Hund versuchen, die Hand auszuspucken. So war es zumindest bei โGrimmโ. Ein mahnend gesprochenes โFesthaltenโ forderte ihn zur Ruhe auf. Im Nu behielt er die Hand im Fang, wofรผr er sofort gelobt und abgeliebelt wurde. Auf den Befehl โAusโ wird die Hand aus dem Fang genommen und der Zรถgling gelobt. Bei diesen ersten รbungen kommt es nicht darauf an, dass der Hund die Hand lange hรคlt, sondern, dass er sie ruhig im Fang duldet.
Erst wenn die vorgenannten รbungen reibungslos funktionieren, beginnt die Phase des sogenannten Zwanges. Das bedeutet nicht Zwangsapport im klassischen Sinne. Dem Hund werden keine Behรคnge umgedreht, und er wird auch nicht sonstwie kรถrperlich bestraft! Zwang bedeutet lediglich, dass der Hund seinen Willen, das Apportel nicht aufnehmen oder fallen lassen zu wollen, dem Willen seines Fรผhrers unterzuordnen hat. Der Hundeยญausbilder muss dem Vierlรคufer klarยญmachen, dass er das zu tun hat, was er von ihm will. Er muss ihn quasi dazu zwingen. Steht ein Hund allgemein sehr gut im Gehorsam, ist wenig โZwangโ nรถtig.
Bis jetzt haben โBellaโ und โGrimmโ lediglich gelernt, einen Gegenstand in ihrem Fang zu dulden und so lange zu tragen, bis der โAusโ-Befehl gegeben wird. Jetzt sollen sie lernen, dass sie auf Befehl den Gegenstand ergreifen und anschlieรend halten. Bei richtiger, schrittweiser Vorbereitung ist diese Phase des โZwangesโ sehr kurz. Bei โBellaโ und โGrimmโ ยญbedurfte es vier knapper Einheiten, und beide Hunde nahmen den vorgehaltenen Bock aus der Hand.
Bei dieser Vorgehensweise ist es unglaublich wichtig, dass die unangenehme Einwirkung (z. B. leichtes Zuhalten des Fanges) sofort aufhรถrt, wenn der Vierlรคufer den Bringgegenstand merklich im Fang hรคlt. Dann muss auch sofort schon gelobt werden. Dieses blitzschnelle Umschalten von Zwang auf Lob ist essentiell fรผr den Erfolg der Ausbildung. Ebenso wichtig ist, dass die Intensitรคt des Zwanges dem Naturell des Vierlรคufers angepasst ist.
Nachdem โBellaโ und โGrimmโ diese sehr kurze Phase durchlaufen haben, sollen sie das Ergreifen des Apportels รผben. Dabei geht es nicht darum, dass der Vierlรคufer es lange halten soll, sondern dass das Zufassen geradezu ein Reflex wird. Dazu lasse ich den Hund neben mir sitzen, halte aber noch das Apportierholz hinter dem Rรผcken. Zeitgleich mit dem Befehl โApportโ halte ich es dem Hund vor den Fang, sodass er es greifen kann. Dann lasse ich es ihn nur kurz halten, auf โAusโ sauber ausgeben und lobe ihn krรคftig. Das wird so lange wiederholt, bis der Hund schon beim Anblick des Apportels den Fang รถffnet. Parallel dazu wird der Gegenstand immer ein Stรผck tiefer gehalten, damit sich der Hund regelrecht danach bรผcken muss.
Im nรคchsten Schritt sollen โBellaโ und โGrimmโ lernen, das Apportel selbststรคndig vom Boden aufzunehmen. Wie das funktioniert, erfahren Sie in der nรคchsten Folge.