Jungjäger Blog – Vom Küken zum Beizvogel

Ich würde euch in diesem Blogartikel gerne den Werdegang meines neuen Beizvogels, einem Schakalbussard, erläutern. Vom Küken zum fertigen Beizvogel ist es ein langer Weg und ich werde versuchen, diesen anschaulich und Schritt für Schritt darzulegen.

Tag der Abholung
Elise und Ihr Bruder kurz nach dem Schlüpfen
vor dem Fressen
Als ich die kleine Schakalbussarddame im April aus Frankreich holte, war sie gerade mal 5 Wochen alt. Zu diesem Zeitpunkt brauchte sie noch externe Wärme und dreimal täglich Futter. Zu Fressen gab es Eintagsküken, welchen ich zur leichteren Verdauung das Federkleid abgezogen und die Innereien entfernt hatte. Jeden Abend wurde die Kleine gewogen, damit sichergestellt war, dass sie auch kontinuierlich an Gewicht zulegt. Ihr „Nest“, ein Wäschekorb, stand die erste Zeit im Badezimmer, da man diesen Raum ideal heizen und gleichzeitig auch gut reinigen konnte. Zu Hause nahm ich die Kleine überall mit hin, damit sie sich an mich und den wechselnden Umgebungen gewöhnen konnte. Auch ein ständiger Kontakt mit meinen Hunden stand auf dem Stundenplan, denn der Jagdhund ist später der beste Freund des Beizvogels.
erstes Mal in der Sonne
Gefiederpflege auch schon im jungen Alter
Nach dem Fressen, Kropf ist voll, Vogel glücklich

Tagsüber ging es in den Garten, da Sonnenschein wichtig für eine gesunde Knochenbildung ist.

Ohne lebenswichtiges Vitamin D in der Wachstumsphase kommt es sehr schnell zu irreparablen Fehlbildungen, z.B. Rachitis. Draußen war es jedoch wichtig darauf zu achten, dass der Vogel nicht auskühlt.

So vergingen die ersten Wochen. Das Training bestand in der Zeit tatsächlich primär darin, dem Vogel schon viele Dinge zu zeigen, z.B. andere Vögel, Hunde, fremde Menschen, Autofahren.

Ganz frisch auf eigenen Beinen stehen
die ersten Tage, laufen noch auf den ;Unterarmen
Elise 5 Wochen
Mit Beginn der 6. Woche habe ich Elise schmale Lederriemen um die Beine gebunden. Der Falkner nennt dies Geschüh. Später dienen sie einmal, den Greifvogel an seinem stärksten Körperteil, den Ständern (so nennt der Falkner die Beine des Greifvogels), zu sichern und bei Bedarf festzuhalten. Beim Hund kennt man diese Funktion vom Halsband. Zu diesem Zeitpunkt war an Festhalten dieser Riemen nicht zu denken. Zu weich sind noch die Knochen, zu empfindlich die Gelenke. Auch hier hieß es erstmal nur: An den etwas seltsamen Fremdkörper gewöhnen. Einen ausgewachsenen Greifvogel stören die Lederbänder an den Ständern überhaupt nicht mehr, weder beim Stehen, noch beim Laufen und auch nicht beim Fliegen. Ergänzt wird das Geschüh später durch zwei kleine Glöckchen, genannt Bellen und eine Adresstafel, damit ein verstoßender (weggeflogener) Greifvogel schnell seinem Besitzer zugeordnet werden kann. Die Bellen dienen dem akustischen Orten des Vogels, falls er mal außer Sicht gelangt, z.B. weil er in einem hohen Baum landet.
Babys brauchen viel Schlaf
Elise in der Sonne
Elise in der Sonne

Nun begann ich allmählich damit, Elises Futterrationen etwas umzugewichten, sodass die mittägliche Fütterung immer weniger wurde, bis ich schließlich bei zweimal täglichem Füttern angelangt war. Auch sogenannte gewöllebildende Stoffe, im Falle der Eintagsküken ist das der Federflaum, ließ ich nach und nach vermehrt an den jetzt auch immer größer werdenden Fleischstückchen dran. Gewöllebildung dient der Reinigung der Nahrungswege und ist bei Greifvögeln und Eulen sehr ausgeprägt, da Beutetiere komplett, also mit Fell, Federn und Knochen verzehrt werden. Unverdauliche Bestandteile, bei Greifvögeln sind das Fell und Federn, werden nach einiger Zeit als länglicher Speiballen wieder hoch- und ausgewürgt. Bei Eulen enthält dieser in der Regel aufgrund schwächerer Magensäure zudem noch Knochen.

Mit knapp 8 Wochen waren wir nun bei einmal täglichem Füttern angelangt und Elise war soweit, in ihre eigentliche Voliere nach draußen zu ziehen. Futter gab es nun nicht mehr kleingeschnitten, sondern am Stück und auch nur aus dem Handschuh, auf den sie breitwillig kletterte, um sich das Futter dort selbst klein zu reißen. So findet die erste positive Prägung auf den Handschuh statt: Der Vogel lernt, dass es im Lederhandschuh immer Futter für ihn gibt. Eine simple positive Verknüpfung.

Die ersten Hüpfer zum Handschuh
die ersten Tage in der Voliere
Das erste Mal auf der Faust der Falknerin

Mit 9 Wochen habe ich sie das erste Mal auf dem Handschuh aus der Voliere getragen. Sie stand etwas wackelig, doch lernte schnell, ihr Gewicht auszugleichen. Natürlich ist hierbei die rechte Hand (denn der Vogel steht immer auf dem Handschuh der linken Hand), ständig erhoben und in der Nähe des Vogelkörpers, um dem Vogel beim Fallen zu helfen, sofern er Hilfe benötigt. Auch in diesem Alter sollte noch kein Druck auf die Gelenke ausgeübt werden.

Mit 10 Wochen habe ich langsam damit begonnen, den Vogel auf seine späteren Sitzmöglichkeiten, Sprenkel und Block, zu setzen. Ein Sprenkel ist ein Rundbogen, der mit geeignetem Material für einen festen Stand umwickelt ist. Ein Block stellt eine runde scheibenartige Sitzmöglichkeit dar. Beide Sitzmöglichkeiten dienen lediglich der kurzweiligen Unterbringung des Beizvogels, z.B. vor dem Training, während des Reinigens der Voliere oder während einer öffentlichen Präsentation.

Ebenfalls begonnen habe ich nun mit dem „Flugtraining“, wobei man hier schwerlich von Fliegen sprechen kann. Ich habe damit begonnen, Elise an ihrer Langfessel, das ist ein circa 1,5m langes Seil, welches dem Sichern des Vogels an Handschuh oder Sitzmöglichkeit dient, von einem T-Stück auf meinen Handschuh springen zu lassen. Dort gab es dann natürlich wieder so viel Futter, wie sie fressen wollte. Jeden Tag habe ich nun die Distanz ein wenig verlängert, bis sie schon auf circa 15m beigeritten (so nenn man das Fliegen zum Handschuh) kam. Auch die Anzahl der Durchgänge habe ich allmählich erhöht. Es gab dann anfangs nur kleine Futterstücke, zum Schluss jedoch immer die volle Futterration.

Durch das tägliche Flugtraining, welches man nun tatsächlich auch als Fliegen bezeichnen kann, beginnt der Vogel Muskeln aufzubauen. Diese sind das A und O für einen späteren erfolgreichen Beizvogel. Ohne starke Muskulatur hat der Vogel keine Chance gegenüber der flüchtenden und Haken schlagenden Beute. Durch den Muskelaufbau legt der Vogel natürlich nochmals an Gewicht zu.

Nachdem Elise so nun einige Zeit von mir trainiert wurde und immer bessere, sicherere Flüge zum

Handschuh zeigte (zu Beginn sind die Starts und Landungen noch sehr unbeholfen und wackelig, Fliegen will gelernt sein), bin ich dazu übergegangen, sie nicht mehr in meiner Anlage, sondern draußen im Revier fliegen zu lassen. Auch die sogenannte Flugschnur, die sich während der ersten paar Tage zur Sicherheit noch am Vogel befindet, konnte ich nun problemlos weglassen. Ersetzt wurde sie durch einen Radiotelemetriesender, welchen ich an ihren Ledermanschetten einhaken kann.

Zum Flugtraining gesellt sich nun das Training auf den Balg. Hierbei wird der Balg mit Atzung (Futter) bestückt und dem Greifvogel angeboten. Sofort springt er auf den Balg und kröpft (frisst). Auch hier findet dadurch eine rein positive Verknüpfung auf das spätere Beutetier (in diesem Fall Kaninchen) statt. Der Balg lässt sich beliebig durch Krähen- oder Fasanenschwingen oder andere Beutetiere austauschen.

So sind nun die ersten Schritte in Richtung Beizvogel getan. Das Vertrauen zum Falkner als

Bezugsperson wurde von Anfang an aufgebaut. Wichtig ist es, dieses Vertrauen niemals zu verletzen.

Negative Verknüpfungen durch schlechte Erfahrungen können das Verhältnis eines Vogels zu einem Menschen bzw. Menschen im Allgemeinen dauerhaft zerstören. Daher arbeitet der Falkner niemals mit negativen Werten wie Strafe o.Ä. sondern immer nur mit positiven Reizen.

Bis zum allerersten Beizflug wird es allerdings noch etwas dauern, zum einen muss Elise noch viel lernen, der Balg wird später nicht mehr nur daliegen, sondern sich bewegen und sich sogar wehren, zum Anderen beginnt die Saison erst mit der Jagdzeit auf Kaninchen, also im Oktober. Bis dahin ist also noch eine Menge Zeit zum Trainieren und Üben.

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