Wolfgang Osgyan
JAGDSCHULEN UND STOLPERSTEINE
Im Schnelldurchlauf machten zwei Brüder gemeinsam ihren Jagdschein. Wie es ihnen ergangen ist, und auf was ihr achten solltet, damit bei euch alles glattgeht, erfahrt Ihr in folgendem Artikel.
„Nu, dann gomme Se doch auf ne Tasse Kaffee vorbei. Dann genne mer alls besprechen“, verabschiedet sich Jagdschulbetreiber Bernd Weber in tiefstem Thüringisch am Telefon. 14 Tage später sitzen ein jagender Vater und seine beiden Sprösslinge in Ernstthal am Rennsteig zusammen mit Weber im Büro der Jagdschule. Geschickt lenkt er das Gespräch, lässt seine Gäste reden, horcht in sie hinein und liest ihre Körpersprache. In Sachen Menschenkenntnis ist er ein alter Fuchs, in Sachen Jagd verkörpert er Kompetenz pur, und im Übrigen war er nach der Wende zusammen mit einem Wessi einer der ersten Jagdschulbetreiber im wiedervereinigten Deutschland. Er spürt die Begeisterung der zwei Brüder, er hört das Fachwissen der Maschinenbauingenieure aus Gesprächsfetzen heraus und macht sich seinen Reim. Die Familienleidenschaft für die Jagd freilich schienen die zwei nicht geerbt zu haben, zumindest nicht sichtbar. Ein Trugschluss. Längst hatten sich beide beruflich etabliert, als der Funke zündete. Die Jägerprüfung sollte absolviert werden. Gemeinsam, wie alles, was sie in der Vergangenheit ge- und betrieben hatten. Als großes Handicap entpuppten sich dabei die räumliche Trennung und die verfügbare Freizeit. Ein monatelanger Jagdkurs kam demnach nicht infrage. Daher die Suche nach Kompaktangeboten im Internet. Davon gibt es jede Menge über die ganze Republik verstreut.
Viele Kurse ließen sich zeitlich nicht in Einklang bringen, preisliche Lockvögel offenbarten nach gründlicher Recherche erhebliche versteckte Mehrkosten, bei einigen gesellte sich zur Kursdauer noch eine terminlich getrennte Prüfungswoche in einem fernen Bundesland. Als ein Arrangement in der Nähe gefunden war, bei dem alle Wünsche unter einen Hut zu passen schienen, machte der Betreiber dicht.
In einem anderen Fall scheiterte der angestrebte Termin an der zu geringen Teilnehmerzahl. Die Mundpropaganda des Zufalls führte dann die zwei zum Jagdhof Weber. „Dann wolln mer doch mal gugge, wie die zwee mit nem Gewehr umgeh‘n“, lotste der Inhaber die Aspiranten zum hauseigenen Schießstand, ließ sie einige Schüsse auf die Bockscheibe machen und zwinkerte hinterher dem Vater zu: „Die ham aber och nich zum ersten Mal ene Büchs in den Fingern gehabt. Aus dene mach mer zwee gute Jäger.“ Vier Wochen später finden sich die Brüder auf dem Schießstand von Lüssow bei Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern ein. Eine Anlage, bei der sich Weber bereits vor über einer Dekade eingemietet hat. Noch gilt das Interesse allein den Schießständen sowie dem integrierten, reich bestückten Schulungsraum und nicht der üppigen Flora, welche die Anlage säumt. Ein Umstand, der sich schnell ändern sollte.
Unter den drei anderen Kursteilnehmern befinden sich ein termingehetzter Unternehmer, ein Abbrecher von einer anderen Jagdschule und ein ebenfalls externer Schießprüfungswiederholer.
Als wohltuend empfindet das Quintett, dass die preiswerte Pension nur fünf Autominuten von der Jagdschule entfernt liegt und dass es dort einen Tresor für die Waffen gibt. Pünktlich um acht Uhr morgens startet das Programm auf dem Schießstand. Fünf Schüsse auf die Bockscheibe, fünfmal laufender Keiler und eine Serie Kipphasen, wahlweise auch Wurfscheiben, gehören fortan zur täglichen Pflicht.
Mal wird vor dem Frühstück geschossen, mal nach dem Mittagessen.
Ansprechübungen an lebendem Wild sind für die spätere Jagdpraxis unersetzlich.
Während der Jagdscheinausbildung wird viel Wert auf Schießtraining gelegt. Aber wo viel geschossen wird, fallen auch hohe Munitionskosten an.
Klären Sie deshalb, ob dieser Posten inklusive ist.
Weber, der ansonsten „jagdliches Brauchtum“ vermittelt, ist immer dabei und filmt die Teilnehmer. Nach dem Schießen nimmt er die Probanden, falls nötig, beiseite und analysiert vor dem Bildschirm Fehler, gibt Anweisungen und achtet auf ihre Umsetzung. So gewinnen alle Schritt für Schritt Sicherheit und Selbstbewusstsein.
Bei den Brüdern geht es längst nicht mehr darum, die Prüfungsnorm zu erreichen, sondern nur mehr, wer als erster 50 Ringe auf den laufenden Keiler erzielt. Schießstandkosten und die für Waffen sowie Munition sind übrigens wie auch die Prüfungsgebühr im Komplettangebot der Jagdschule (2 400 Euro) enthalten. Demnach gibt es keine versteckten Nebenkosten.
Büchsenmacher Seilz unterweist versiert in Waffentechnik und Handhabung. Seine Frau widmet sich dem Jagdrecht, Förster Westphal der Jagdpraxis, den Hunden, den Wildkrankheiten, der Hege sowie dem Naturschutz. Matthias Neumann von der Wildforschungsstelle Eberswalde fasziniert die Teilnehmer mit seinem phänomenalen Fundus bezüglich der Wildbiologie, und Frau Vera Weber fungiert als gute Fee. Es bleibt übrigens nicht bei der Theorie. Die Eleven lernen unter anderem auch Aufbrechen, das Gescheide hinsichtlich Krankheitserreger zu untersuchen und Ansprechen von Wild – sowohl beim Ansitz als auch beim Besuch eines Wildgatters. Natürlich werden offene Fragen auch während der gemeinsamen Mahlzeiten innerhalb und außerhalb der Anlage angesprochen und geklärt. Desgleichen erfolgt zum Abschluss eines jeden Tages eine Wiederholung des jeweils Gehörten.
Wie immer profitieren die Brüder auch voneinander und bereiten sich zudem gemeinsam theoretisch vor beziehungsweise nach.
So verstreichen die 15 Tage zu je zwölf Stunden Kompaktkurs wie im Fluge. In der schriftlichen Prüfung stolpert keiner. Die mündliche wiederum empfinden alle als nicht einfach, aber fair.
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Niemand muss einen braunen, reiflosen Gamsbart von der zweiten Rupfung bestimmen, das Gräslein bei den hirschgerechten Zeichen erläutern oder sich festlegen, wie viele Junge eine Schneehenne im Schnitt hochbringt. Dennoch bringen bohrende Nachfragen bei der Schweinepest den einen der Brüder gehörig ins Schwitzen, während sich der andere als nicht so sattelfest im Hundewesen erweist. Dagegen schlägt der jüngere beim Schießen einen Probegang des Keilers keck mit den Worten aus: „Auf der Jagd gibt es auch keinen Probelauf“, schießt eine Zehn und lässt noch 33 Ringe und damit einen Zähler mehr als sein Bruder folgen.
Aber auch die anderen Aspiranten meistern die beiden Kugeldisziplinen und die für Schrot, sodass ihnen Bernd Weber zum Abschluss feierlich den Jägerbrief überreichen kann. Bei der Feedback-Analyse zum Kurs vergeben schließlich alle die maximale Punktzahl. Das sagt eigentlich genug über die Qualität aus und belegt, dass man auch zum Ziel rasen kann, wenn alles passt.
Kleine Gruppen können besser betreut werden. Erkundigen Sie sich nach der Größe Ihres Lehrganges.