WAS LERNT DER JUNGE VOM ALTEN HUND?

Weisheiten und Dummheiten
Irgendwann steht für den langjährigen Jagdhelfer der Nachfolger in der Tür, und es beginnt erneut der lange Weg der Ausbildung. Stellt sich die Frage, was der junge Hund vom alten Kämpen lernen kann – Gutes wie Schlechtes? Erfahrene Hundeführer erzählen aus ihrer Praxis. Bernd-Dieter Jesinghausen

Arno vom Wendelstein“, genannt „Arco“, war ein 15 Jahre alter Kleiner Münsterländer und hatte einen Milztumor. Die Diagnose vom Tierarzt war eindeutig und damit war das nahe Ende einer langen Jagdkameradschaft und Zusammenarbeit besiegelt. Sechs Monate später war es dann soweit: Der Tumor brach auf und „Arco“ wechselte in die ewigen Jagdgründe über. Die zwei Jahre junge Hündin „Dorka vom Wendelstein“ wurde meine „Nr. 1“ auf der Jagd, stellte sich von einem auf den anderen Tag um und zeigte nun ein Selbstbewusstsein sowie eine Initiative im Revier, wie wir sie vorher nicht kannten.
Der „Knoten“ war plötzlich aufgegangen, als der alte Hund nicht mehr da war. Das enge Zusammenleben der zwei hatte jedoch nicht nur zu einer klaren Rangordnung und Rollenverteilung auf der Jagd geführt. Da war noch mehr! Die KlM-Hündin trauerte nämlich, wurde zusehends inaktiver, nahm ab, verhielt sich missmutig und ließ sich nur noch gelegentlich mit Arbeiten im Revier aufmuntern.
Der hinzugezogene Tierarzt bestätigte unseren Verdacht: „Die Hündin ist körperlich kerngesund, nur ihr Gemüt scheint krank zu sein!“ Also kann Alleinsein nicht nur Menschen krank machen. Somit war klar, „Dorka“ braucht wieder einen Gefährten an ihrer Seite. Der war schnell gefunden und hieß „Eras vom Wendelstein“, ein lebhafter, quirliger, kleiner Welpe und Neffe der Hündin. Bei weitem nicht so brav, zurückhaltend und anpassungsbereit wie „Dorka“ zuvor beim „Arco“ zeigte sich „Eras“ als junger Hund von ganz anderer Natur und Passion. Wie lange würde das gutgehen auf der Jagd, und wann würde der Rüde im Revier die Führung an sich reißen? „Dorka“ war nämlich eine fürsorgliche „Mutter“ und auch im Wesen wieder wie ausgewechselt. Wir sollen uns jedoch täuschen. „Dorka“ und „Eras“ entwickelten sich zu einem Super-Gespann. Bestens aufeinander eingestellt, wechselten sie die Führung beim Einsatz in Feld und Wald, je nachdem, wer bei welcher Arbeit der Leistungsfähigere war. So hatte „Eras“ die feinere Nase, das bessere Vorstehen und die größere Schnelligkeit. Die erfahrene „Dorka“ war dagegen ruhiger, planvoller und ging intelligenter zur Sache. In den ersten zwei Jahren machte der Jüngere der Älteren vieles nach, was uns die Ausbildung vor allem in den Gehorsamsfächern erheblich erleichterte: Hereinkommen auf Pfiff, bei Fuß gehen, Ablegen, Standruhe, alleine Daheim- und Im-Autobleiben waren keine Probleme. Insbesondere Frauchen, dem die beiden Hunde häufig überlassen blieben, war für die „Erziehungshilfe“ durch die Hündin sehr dankbar. Hier wurde uns deutich vor Augen geführt, dass es einen großen Unterschied machen kann, ob ein Welpe zu einer jungen Hündin ins Haus kommt und das familiäre Zusammenleben teilt oder ob ein Welpe zu einem alten Rüden kommt, der plötzlich die Aufmerksamkeit und Zuwendung seiner menschlichen Familie mit einem jungen Eindringling teilen soll. „Arco“ hatte es nämlich der jungen „Dorka“ lange Zeit sehr schwer gemacht. Er war oft eifersüchtig, abwehrend und immer auf Distanz bedacht. Aber es ist nicht allein der Gehorsam, der sich beim jungen Hund leichter einstellt. „Eras“ lernte schneller, im Wasser und im Schilf zu arbeiten und vor allen Dingen im Wald zu stöbern! Mit seiner hohen Schnelligkeit und sehr guten Nase war er zwar im Feld leicht erfolgreich, konnte Wild finden und festmachen. Im Wald konnte er zwar noch mehr Wittrung finden – dafür aber viel weniger Wild. Und so lernte er von der „Dorka“ langsamer zu arbeiten, die Nase gezielter einzusetzen, an den richtigen Stellen nach Hasen zu suchen und gründlich die Deckung sowie schutzbietenden Büsche, Sträucher und Jungfichten zu überprüfen. Nach einer geraumen Lern- und Übungszeit war der Erfolg des Gespanns bei Treib- und Drückjagden eindrucksvoll. Treiberwehr und die beiden Hunde hatten zumeist den gleichen Anteil an hochgemachten beziehungsweise vorgestandenen Hasen und Füchsen, manchmal ging sogar der größere Teil auf das Konto des Hundeteams.
 
Bernd-Dieter Jesinghausen ist Präsident der Verbandes für Kleine Münsterländer. Als Führer
und Ausbilder schätzt er das Zusammenspiel seiner Vorstehhunde in der Praxis
Im Feld ging es umgekehrt herum: Die ältere Hündin hatte gelernt, dass „Eras“ mehr Wild fand als sie, und so wartete sie geduldig und aufmerksam ihren „Junior“ beobachtend, bis dieser vorstand. Dann erst rannte sie los, um „nachzuschauen“ und mitzumachen. Hielt der Hase nicht so lange aus, bis „Dorka“ angekommen war und ging hakenschlagend aus der Sasse, so arbeitete „Eras“ konzentriert, sorgfältig aber mit Volldampf die Spur. „Dorka“ arbeitete dagegen mit Intelligenz und Auge solange hinter dem Jüngling her, alle Haken abschneidend, bis der Hase verschwunden war und „Eras“ aufgab.
Es kam allerdings auch vor, dass Lampe sich in einer Deckung versteckte, „Eras“ wieder einmal die Spur überschoss und verzweifelt seinen Hasen suchte, während die langsam nacharbeitende „Dorka“ das Langohr in seiner Deckung fing, apportierte sowie gemütlich und sichtbar stolz ihrem Führer zutrug. So ist es eben zuweilen auch auf der Jagd: Mit Bedacht und Intelligenz geht es besser als mit Passion und Geschwindigkeit! Übrigens: Als ich eben Frauchen fragte, welche Unarten „Eras“ denn von seiner „Dorka“ gelernt haben könnte, erhielt ich die Antwort: „Meine Dorka hat keine Unarten!“ Naja, dann muss „Eras“ die seinen wohl woanders gelernt haben.
 

Das Vorstehen gezeigt bekommen

Mathias Kellner, Geschäftsführer des Deutschen Pointer-Clubs, bei Vorstehübungen mit seinen Hunden im Feld
FOTOS: SEEBEN ARJES, PRIVAT (2)
Die Frage, ob der ältere Hund bei der Junghundausbildung generell dabei sein soll, kann man nicht pauschal mit „ja“ oder „nein“ beantworten. Es hängt von der Rasse, dem Charakter des Hundes und der jeweiligen Übung ab. Ich besitze mehrere Pointer und verfahre generell folgendermaßen: Der Welpe ist nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ständig mit den älteren Hunden zusammen. Anfangs unter Aufsicht und später auch allein. Der Junghund lernt durch den ständigen Kontakt sehr schnell, den Althund zu respektieren.
Im Zwinger können die Hunde miteinander spielen, aber außerhalb des Zwingers spiele ich mit dem Junghund nur alleine, um ihn besser auf mich zu fixieren. Bei Spielen, die die Vorstufe zur praktischen Jagd bilden, ist der ältere Hund natürlich wieder mit dabei, zum Beispiel das Vorstehen an der Dressurangel. Der Junghund lernt dadurch, das Verhalten des Älteren nachzuahmen. Sobald der junge Hund sicher an der Dressurangel vorsteht, gehe ich mit beiden ins Revier. Vorher habe ich am Feldrand einen Taubenwerfer so positioniert, dass die Hunde beim Entlanglaufen des Weges genau in die Wittrung laufen. Der ältere Hund läuft vor und bleibt sofort stehen, sobald er Wittrung hat. Der Junghund, der gelernt hat, auf den älteren zu achten, wird das Gleiche tun. Nachdem die Hunde anfangs nur ganz kurz gestanden haben, lasse ich die Taube frei. Dabei halte ich das Ende der langen Leine, die in dieser Ausbildungsphase noch am Junghund ist, zur Sicherheit in der Hand. Nach und nach verlängern sich die Vorstehphasen. Erst wenn der junge Hund zuverlässig vorsteht, lasse ich beide Pointer im Feld suchen. Wenn ich mir sicher bin, dass der Azubi weiß, worum es geht, darf er alleine suchen. Aber erst dann – denn sonst besteht die Gefahr, dass der Hund dem Älteren einfach nur nachläuft, ohne wirklich seine Nase zu benutzen. Für mich steht fest, dass ein gut ausgebildeter Althund eine große Hilfe bei der Einarbeitung des jungen Hundes ist. Mathias Kellner
 

Vertrauen für die Arbeit unter Tage schaffen

Gorch-Peter Nolte,
Vorsitzender der
Gruppe Rheinland-
Pfalz-Saarland im
Verein Jagdteckel,
arbeitet seit über 40
Jahren mit Erd- und
Vorstehhunden
Als Jagdhundeführer erwarten wir von unseren vierbeinigen Helfern, dass diese uns bei der Arbeit im Revier unterstützen. Ja häufig die Tätigkeiten, die wir selbst nicht ausführen können, für uns übernehmen. Unsere Teckel und Terrier, die Spezialisten unter den Jagdhunden arbeiten unter der Erde im Bau am Raubwild oder stöbern Wild in dichtem Verhau auf und bringen es dem Jäger schussgerecht.
Welpen aus jagdlicher Zucht bringen schon eine ganze Menge durch ihre Anlagen mit. Auch der Züchter kann noch die Entwicklung der Passion für die zukünftigen Aufgaben der Jagdhunde in der Welpenmeute stark beeinflussen. Meist geht der junge Hund im Übergang zwischen Präge- und Sozialisierungsphase (8 bis 12 Woche) in die neue Meute des Welpenkäufers über. Welch ein Segen, wenn bereits ein guter und gehorsamer, älterer Hund präsent ist.
Bald wird sich der Jüngere an ihm orientieren. Der Junghund lernt im Team, Gutes aber auch Unerwünschtes. Das muss der Jäger mit kluger Voraussicht steuern. Damit sich der zukünftige Bauhund an die Gegebenheiten unter der Erde gewöhnt, sollte er recht bald bei Reviergängen mit dem älteren und erfahrenen Hund erste einfache Durchlässe inspizieren und passieren dürfen. Wichtig ist, dass man die Durchlässe und Unterquerungen kennt, damit man die Hunde nicht in Gefahr bringt. Recht bald wird der Junghund voller Vertrauen seinem Vorbild folgen und sich an die Dunkelheit gewöhnen. Auch auf der Schliefanlage kann der junge Hund vom alten lernen. Werden beide zusammen am abgeschieberten Fuchs – gegenüber liegend – angesetzt, wird der Junghund schnell begreifen, dass das verhasste Raubwild „nur“ verbellt wird und dass Ausdauer im Vorliegen eine Selbstverständlichkeit ist. Bald darf der zukünftige Jagdgefährte im Revier Durchlässe alleine kontrollieren und den einen oder anderen Kunstbau revidieren, wenn der ältere Hund diesen vorher inspiziert hat. Wenn alles klappt, darf er dort dann auch alleine auf Erkundung gehen. Wichtig ist, dass diese Kunstbaue dann auch so angelegt sind, dass man jederzeit am Kessel eingreifen kann. So sollten sowieso alle angelegt sein. Solange der Alte noch fit ist und der Junge sich mit ihm gut verträgt, ergibt sich aus dieser Einarbeitung oftmals ein gutes Baujagdteam.
Auch zum Stöbern wird der Junghund vom Älteren lernen können. Man sollte anfangs aber viel Zeit mitbringen. Zieht der erfahrene Hund anfangs den jungen mit in den abzusuchenden Bereich und bleiben sie ohne Wildkontakt, kommen beide recht bald zurück – häufig der junge sogar früher. Aber solange der ältere Meutekumpan die Suche nicht aufgibt, wird es den Lehrling auch immer wieder in die Dickung ziehen. Völlig anders sieht das aus, wenn der Junghund seine ersten Kontakte zu warmen Fährten erfährt. Der alte Hund bricht, aus der Erfahrung, dass er aus dem Wirkungsbereich des Jägers ist, die Verfolgung ab. Der Azubi ist anfangs so fasziniert, dass er den Rest der Welt vergisst. Dann heißt es, mit dem alten Hund am Platz des Schnallens warten, oft Stunden, bis der junge Hund zurückgefunden hat. Vieles ist aber auch rasseabhängig. Teckel, als kleine Bracken, sind fast immer Einzeljäger. Terrier dagegen jagen gerne in der Meute, das heißt junge Hunde orientieren sich erfolgreich am Verhalten der älteren. Allerdings ist der Aktionsradius der Terrierrassen normalerweise auch bedeutend größer. Gorch-Peter Nolte
 

Der Alte muss es auch können

Bernd Krost, 1. Vorsitzender des Vereins
Jagdgebrauchsspaniels, schätzt gerade bei
der Wasserarbeit die Hilfe des alten Hundes FOTOS: HELGA NOLTE, PRIVAT (1)
Gerade für die Einarbeitung des jungen Hundes in den Stöberfächern (Wald und Wasser) kann der „alte Praktiker“ ein exzellenter Helfer sein. Der noch unerfahrene Vierläufer muss zunächst einmal in der (dunklen) Dickung an Wild gebracht werden, um damit überhaupt erst zu erfahren, was dort Aufregendes auf ihn wartet. Dies geschieht spielerisch und ohne Druck, wenn der Alte ihn dort mit hineinzieht. Der junge Hund verhält sich hierbei entsprechend seinem meutebedingten Folgedrang. Bei dieser Eigenschaft handelt es sich um ein Erbe des Urvaters Wolf. Auch er arbeitet auf diese Weise seine Nachkommenschaft im Jagen ein. Der junge Hund lernt, dass er dort mit dem Einsatz seiner Nase und systematischer Suche Wittrung und dann auch das dazu gehörige Wild finden kann. Hierbei wird der Junghund seine Passion sowie Führigkeit leicht entwickeln und dabei das Jagen erlernen, wie es ihm kein Führer beibringen kann. Natürlich wird der Junge hierbei nur das lernen, was der Alte kann – wie Naseneinsatz, planvolles Abrevieren, Bogenreinheit, Hereinkommen auf Pfiff und vieles mehr. Wenn letzterer ein übler Rehhetzer ist und lediglich eine Einzelfährte aufnimmt, um diese über den Horizont zu jagen, wird der Junge ihm das nachmachen und in sein zukünftiges Jagdrepertoire übernehmen. Bernd Krost
Die unbestreitbaren Vorteile des Anleitens verkehren sich so allerdings für den Junghund in ihr genaues Gegenteil. Manche Führer haben ihren Spaß daran, den „Schlag“ ihres Autos zu öffnen und ihre Hunde mit „Jiff-Jiff“ im Wald verschwinden zu sehen. Die jungen Hunde lernen so, dass es sich ohne Führer für sie am besten jagen lässt. Schlimmeres kann man eigentlich sich selbst und der Einarbeitung seines angehenden Gebrauchshundes nicht antun.
Für das Stöbern mit oder ohne Ente bei der Wasserarbeit gilt dasselbe. Auch hier wird der Junghund vom Alten geradezu mit unsichtbarer Hand ins Wasser „gezogen“, wird ohne Zwang vertraut mit dem nassen Element und dessen Besonderheiten. Der Alte zeigt ihm das Jagdrevier der beschilften Uferzone mit den unterschiedlichen Wildwittrungen. Der Junge lernt auch hier, seine Nase einzusetzen, die Schwimmspur zu arbeiten und Kontakt zu seinem Führer zu halten (Führigkeit), sich notfalls lenken zu lassen und auf Pfiff zu kommen. Auch bei der Arbeit mit zwei Hunden muss jeder einzelne Arbeitsgang exakt und konzentriert angegangen und als solcher auch so abgeschlossen werden. Der Junghund muss lernen, dass er letztlich doch nur mit seinem Führer zum Jagdvergnügen respektive Jagderfolg kommen kann. Der alte Hund lehrt den jungen das Jagen, also die Arbeit vor dem Schuss, und hierin liegt der Vorteil, wenn man einen alten, führigen und gehorsamen Hund als Könner zur Einarbeitung des Junghundes zur Verfügung hat. Die Dressur und die Arbeit nach dem Schuss sollten dagegen eher individuell gestaltet werden.
 

Lernen durch Vorbild

Der Zuchtbuchführer des Deutschen Bracken-Clubs, Hartmut Roth, bei einer fast
alltäglichen Prozedur – der Vorbereitung einer Nachsuche. Sowohl seine
Westfälischen Dachsbracken als auch
Deutschen Bracken legt er zur Fährte und setzt sie auf Bewegungsjagden ein.
FOTO: JULIA NUMSSEN
Bracken als die klassischen Vertreter der Waldhunde haben ihre Arbeit als „freie Mitarbeiter” vor dem Schuss bei der Stöberjagd, als Jagd- und Pirschbegleiter auf der Einzeljagd sowie am Schweißriemen
auf Nachsuche und Hetze zu absolvieren. Und selbst im Alter können sie noch Erstaunliches leisten. Irgendwann kommt aber der Zeitpunkt, wo wir uns Gedanken über die Nachfolge machen. Der Hund als Meutewesen ist zum Erlangen von Fähigkeiten beziehungsweise Fertigkeiten auf die Kommunikation mit seiner Umgebung angewiesen. Hierzu sind ihm Grundmuster mit in die Wurfkiste gelegt, wo sie aber gefunden und durch entsprechenden Umgang aktiviert werden müssen. Nach der ersten Entwicklungsstufe bei der Mutterhündin, wo tägliche Kontakte mit den Geschwistern in der gesicherten Umgebung ihn anregten, kommt er nun zum neuen Besitzer in eine ihm fremde Umgebung wie in Einzelhaft.

Aber wenn er Glück hat, trifft er hier auf einen Artgenossen, der den ersten Schock mildert. Bracken werden als Solojäger geführt. Das schließt aber keinesfalls aus, dass der Junghund neben oder hinter dem älteren eingearbeitet wird. Hier ist der Senior allerdings des öfteren anzuleinen, um seinem Nachfolger Gelegenheit zu kontrollierten Fehlern zu geben. Der alte Hund wird dem (zunächst angeleinten) Junior den einen oder anderen Hasen oder Fuchs vorjagen, der dann auch mal zur Strecke kommt. Während Senior unterwegs ist, wird der Azubi am langen Riemen, dem wichtigsten Ausbildungsutensil, nachgeführt. Er wird sehr rasch im Eifer oder aus Jagdpassion seinen Fährtenlaut entdecken und das Tempo seiner eigenen Nasenleistung oder der Kondition des Führers anpassen, also schnell lernen, die Fährte nicht zu überschießen. Der ältere Hund weiß aus seinem Berufsleben, welche Wildarten zur Beute werden und wird diese auch bevorzugt jagen. Bei allem anderen Wild ertönt das schon bekannte „Pfui, schone“, wobei Senior auch entsprechend reagiert. Auf der Stöberjagd hält sich der junge Hund zunächst bei seinem Herrn am Stand auf und macht oft nur kurze Ausflüge in die Umgebung. Wenn dann der Senior vorbeikommt, hängt Nachwuchs sich schnell dran. Der Erfahrung nach ist die ältere Bracke aber bald verschwunden, und der Kleine muss alleine zurückfinden. Das übt die Selbstständigkeit, bis der Azubi irgendwann die Sache selbst „in die Pfote nimmt“ und zu suchen beginnt. Hilfreich ist hier, wenn der Führer im Einstand bleibt, und die Hunde das Wild um ihn herum bewegen. Falls dann noch erkennbar durch die Arbeit des Seniors etwas zur Beute wird, und dieser das ausgiebige Lob des Chefs einheimst, animiert dies seinen designierten Nachfolger, es ihm gleichzutun. Für den Ausbilder hat dieses Abkupfern den großen Vorteil, dass er seinen Vierläufer nicht zur Suche schieben muss. Bei der Schweißarbeit kann der Junghund schon recht früh mitlaufen und so erfahren, wie sich das Gespann abmüht, bis am Ende möglichst das Ziel der Begierde gefunden ist. Der ältere Hund wird in aller Regel seinen jungen Genossen tolerieren und sich von ihm nicht ablenken lassen. Kommt es zu einer Situation, wo der Jüngling doch stören könnte, ist das Anleinen kein Problem.

Ist die Nase und der Finderwillen weit genug entwickelt, wird mit der Einzelausbildung des jungen Hundes auf der Schweißfährte begonnen. Selbst wenn er später nur noch selten Gelegenheit zur  Nachsuche hat und ohne fortgeführtes Üben keine besondere Leistung mehr zu erwarten ist, wird hier dem Junghund das zielgerichtete, gemeinsame Arbeiten bis zur Beute vermittelt. Der Hund wird durch diese Beschäftigung führiger, ohne ihm im alten Sinne Dressur angedeihen lassen zu müssen. So wird die Zeit zwischen den Herbstjagden sinnvoll genutzt. Bei der Hetze darf man sich nicht gleich auf den Jungen verlassen. Er sollte besser nachgeschnallt werden, wobei er neben dem alten Hund aus der Sicherheit heraus den Umgang mit krankem Wild lernt. Es wird sich einspielen, dass der Junior neben der Laufarbeit immer mehr die Aufträge des alten Hundes übernimmt. So kann auch Senior weiterhin dabei sein und das Pensionärsdasein genießen. Ich beobachte derzeit, wie Großvater mit 16 Jahren sich an seinem Sohn mit zwölf Jahren orientiert, während wiederum dessen Sohn mit vier Jahren immer auch noch neben Vatern sowohl im Gespann wie auch solo arbeitet. Hartmut Roth

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